Frank Bsirske will die Vermögenden stärker steuerlich belasten. Sie hätten zehn Jahre von Abgabensenkungen profitiert.

Berlin. Die Reichen sollen finanziell bluten: Vor der zweiten Verhandlungswoche von Union und FDP über eine neue Koalition hat die Gewerkschaft Ver.di ein Maßnahmenbündel zur Steigerung der Staatseinnahmen gefordert. „Fakt ist: Der Staat ist unterfinanziert, braucht dringend mehr Geld für den Bereich Bildung“, sagte der Ver.di-Chef Frank Bsirske der „Bild“-Zeitung. Nur durch die Erhöhung mehrerer Steuerarten seien die steigenden Staatsschulden in den Griff zu bekommen.

„Deutschland hat die Steuern auf Vermögen, Unternehmensgewinne und Spitzeneinkommen in den letzten zehn Jahren gesenkt. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten wir heute 105 Milliarden Euro Einnahmen mehr im Jahr“, sagte Bsirske. „Wir können es uns nicht länger leisten, auf diese Einnahmen für die Allgemeinheit zu verzichten.“ Eine Mehrbelastung von Besserverdienern sei durchaus vertretbar. „Die Starken können mehr tragen. Das Letzte, was wir brauchen, sind Abstriche bei der Steuer für große Erbschaften“, erklärte Bsirske. „Bis 2015 werden 1,4 Billionen Euro vererbt. Wenn wir alle Großvermögen zum Durchschnitts-Satz in der EU versteuern, kann der Staat 33 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Jahr erzielen.“

Bsirske forderte außerdem härtere Strafen gegen Arbeitgeber, die Dumpinglöhne zahlen. Sie müssten sofort „mit wirklich spürbaren Geldstrafen belegt werden und gehören in den Knast, wenn das nichts nützt“, sagte Bsirske als Reaktion auf Ermittlungen des Kölner Zolls, der Lohnzahlungen von 1,50 Euro pro Stunde aufgedeckt hatte. Gerade in der Krise werde die wirtschaftliche Not von Menschen schamlos ausgenutzt.

Bsirske warnte gleichzeitig vor Versuchen, im öffentlichen Dienst zu sparen: „Noch mehr streichen funktioniert nicht. Wir liegen mit den Personalausgaben im Vergleich der Industriestaaten jetzt schon am absolut untersten Ende. Nach dem massiven Jobabbau der letzten Jahre ist der öffentliche Dienst sonst nicht mehr in der Lage, handlungs- und leistungsfähig zu bleiben.“

Die Wirtschaftsverbände forderten Union und FDP dazu auf, die Chance zu grundlegenden Reformen zu nutzen. „Union und FDP dürfen die Erwartungen nicht enttäuschen. Wenn wir das Land zukunftsfähig reformieren wollen, dann jetzt“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, der Zeitung. „Die großen Probleme erfordern einen wirklich großen Wurf. Klein-klein hatten wir in den vergangenen Jahren schon genug."