Vom Pop-Beauftragten rückt Sigmar Gabriel an die Spitze. Andrea Nahles wird Generalsekretärin. Eine Überraschung kommt aus Meck-Pomm.

Berlin. Wechsel im Schweinsgalopp: Nur vier Tage nach dem Debakel bei der Bundestagswahl hat sich die SPD-Spitze auf eine neue und deutlich verjüngte Führungsriege geeinigt. Danach wird der bisherige Umweltminister Sigmar Gabriel (50) neuer SPD-Vorsitzender und damit Nachfolger von Franz Müntefering (69). Müntefering wird Mitte November beim SPD-Bundesparteitag in Dresden nicht mehr antreten.

Als neuer Vorsitzender soll Gabriel künftig vier statt bisher drei Stellvertreter erhalten. Neue Generalsekretärin soll die Parteilinke Andrea Nahles (39) werden. Als neue Stellvertreter sind vorgesehen: Berlins Regierungschef Klaus Wowereit (56), die NRW-Landeschefin Hannelore Kraft (48), der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz (51) sowie die Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (35). Ihr Aufstieg in die engere SPD-Führung gilt als große Überraschung. Schwesig gehörte zum Wahlkampfteam des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, der zum neuen SPD-Fraktionschef im Bundestag gewählt worden war.

Wie weiter verlautete, wird der Europapolitiker Martin Schulz Beauftragter des SPD-Vorstands für EU-Angelegenheiten. Schulz war auch als SPD-Vize im Gespräch gewesen. Nach den „einvernehmlich abgeschlossenen Vorgesprächen“ soll der Personalvorschlag bereits am Montag dem SPD-Vorstand zur Billigung vorgelegt. Ursprünglich war dies für Freitag (9. Oktober) vorgesehen. Die Wahl der neuen Spitze soll dann beim Bundesparteitag vom 13. bis 15. November in Dresden erfolgen.

Der bisherige SPD-Vize-Vorsitzende Steinmeier zählt künftig in seiner Eigenschaft als Fraktionschef zur engeren Parteispitze. Auch Steinmeiers Vorgänger in der Fraktion, Peter Struck, hatte kein Stellvertreteramt.

Unterdessen gehen die Diskussionen in der SPD über das künftige Verhältnis zur Linkspartei weiter. Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel plädierte in der „Passauer Neuen Presse“ erneut dafür, eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl 2013 nicht mehr auszuschließen. „Wir müssen die inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Partei suchen. Es muss Schluss sein mit dem kategorischen Nein zu einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei im Bund.“

Die nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft äußerte sich zurückhaltend über eine Zusammenarbeit mit der Linken: „Koalitionen werden nicht im Baukasten zusammengesetzt, wie es sich gerade rechnet. Da müssen Inhalte übereinstimmen“, sagte sie der „Berliner Zeitung“. „Die Linkspartei ist bisher weder inhaltlich noch personell koalitions- oder regierungsfähig. Deshalb galt und gilt: Wir suchen die Auseinandersetzung, nicht die Zusammenarbeit.“

Im Sender „Phoenix“ sagte Kraft allerdings auch: „Ich glaube, diese „Ausschließeritis“ werden wir nicht aufrechterhalten können.“ SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte der „Frankfurter Rundschau“, die SPD habe „keine Veranlassung“, sich der Linkspartei anzunähern. „Wir sind eine Partei der linken Mitte und wären nicht mehr mehrheitsfähig, wenn wir das aufgeben würden.“ Poß warnte seine Partei: „Die SPD hat wirklich nur noch einen Schuss frei. Das muss gelingen.“