Die Vergangenheit holt den ehemaligen Topmanager im Saarland ein - Doch kein Modellprojekt von ihm für Langzeitarbeitslose

Saarbrücken. Er wollte wieder mitmischen als Arbeitsmarktreformer und sich gar als Retter der Langzeitarbeitslosen präsentieren. Doch am Donnerstag hat Peter Hartz seine Vergangenheit rund um die Lustreisen bei VW schneller eingeholt, als er dachte: Die für Donnerstag angesetzte Präsentation seines Konzepts in Saarbrücken wurde von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit kurzfristig abgesagt, das Vorhaben vorerst auf Eis gelegt. Begründung: Politischer Druck "quer durch die Republik von Berlin bis München", wie es der Leiter der Regionaldirektion, Otto-Werner Schade, ausdrückt.

Der regionale Arbeitsmarktverwalter gibt zu, blauäugig gewesen zu sein. Allein die Ankündigung des Projekts mit Hartz sei auf eine derart negative Resonanz gestoßen, dass mit einer objektiven Bewertung des Konzepts nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Er wolle sich und seine Mitarbeiter nicht mit einem Makel behaften, den er nicht zu verantworten habe. Der 67-jährige gebürtige Saarländer Hartz war im Januar 2007 als Ex-Personalvorstand von VW in der Affäre um Lustreisen und andere Vergünstigungen für Betriebsräte zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Der Mann, mit dessen Namen die Arbeitsmarktreformen der Regierung Gerhard Schröder untrennbar verbunden sind, wollte sich jetzt in seiner Heimat ausgerechnet der Langzeitarbeitslosen, also der Hartz-IV-Empfänger, annehmen. Sie machen inzwischen 70 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland aus.

Neue Wege bei der Motivation zur Selbsthilfe wollte er aufzeigen, von Jobcoaches war die Rede, aber was genau sein Konzept war, bleibt nun im Dunkeln. Schon im Vorfeld war klar, dass sich Hartz und Schade verschätzt hatten: "Wir gehen davon aus, dass Peter Hartz Lustreisen für Langzeitarbeitslose und deren Coachs in seinem Konzept nicht vorgesehen hat", kommentierte etwa der Sprecher des Erwerbslosen Forums Deutschland, Martin Behrsing. Das Vorhaben zeige, welche Instinktlosigkeit in Sozialbehörden vorherrsche. Mit Hartz werde nun ausgerechnet die Person ins Boot geholt, für die bei der Verwirklichung von Unternehmenszielen weder moralische Grenzen noch kriminelle Machenschaften ein Tabu seien. Zudem stehe sein Name für die "Hartz-Unreformen", die für viele bittere Armut, Perspektivlosigkeit und Hungerlöhne gebracht hätten.

Und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem "Hamburger Abendblatt", das Saarland sollte sich "als Experimentierfeld für falsche Heilsbringer zu schade sein". Er fügte hinzu: "Herr Hartz ist angesichts seiner Vorgeschichte der letzte, der mir als Motivationstrainer für Langzeitarbeitslose einfällt."

Nach Schades Worten hatten er und Hartz an Konzepten zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit gearbeitet, die sich in Teilen überschnitten hätten. Deshalb hätten sie eine gemeinsame Präsentation angesetzt. Nun werde vorerst nur Schades Konzept auf saarländischer Ebene vorangetrieben. Dabei gehe es darum, Langzeitarbeitslose in eigentlich ehrenamtlichen Bereichen, wie Sport und Kultur, sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. Außerdem soll mehr mit den Stärken der Betroffenen gearbeitet werden und ihnen Selbstbewusstsein eingepflanzt werden. Ob und wann es einen weiteren Vorstoß zum Hartz-Konzept gibt, ist laut Schade völlig offen.