Die hessische SPD hat den Weg für die Bildung einer von den Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung frei gemacht. Auf einem Landesparteitag in Fulda stimmte am Sonnabend eine Mehrheit von gut 95 Prozent der Delegierten für einen rot-grünen Koalitionsvertrag.

Fulda. Mit großer Mehrheit hat die hessische SPD den Weg für eine rot-grüne Minderheitsregierung freigemacht. Auf einem Sonderparteitag in Fulda stimmten 95,3 Prozent der Delegierten für den ausgehandelten Koalitionsvertrag. Zugleich bekam die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti nochmals Rückendeckung für ihr Vorhaben, sich am Dienstag im Landtag mit Hilfe der Linkspartei zur Nachfolgerin von CDU-Ministerpräsident Roland Koch wählen zu lassen.

Allerdings lehnte Ypsilantis parteiinterner Rivale Jürgen Walter den Koalitionsvertrag in Fulda überraschend ab. Damit nährte der SPD-Landesvize neue Spekulationen, ob Ypsilanti im Landtag tatsächlich eine Mehrheit zustande bekommt. An diesem Sonntag wollen die hessischen Grünen in Frankfurt über den Koalitionsvertrag entscheiden. Dort wird ebenfalls mit einer klaren Mehrheit gerechnet.

Von den 341 SPD-Delegierten stimmten acht gegen den Leitantrag. Weitere acht enthielten sich. Walter erklärte seine Ablehnung, weil die Vereinbarung mit den Grünen in Hessen Arbeitsplätze gefährde. Noch vor einer Woche hatte er die Vereinbarung in einem Beschluss des Landesvorstands unterstützt. Während der Abstimmung saß Walter dann nicht auf seinem Podiumsplatz. Zunächst war unklar, ob er sich überhaupt an der Abstimmung beteiligte.

Ypsilanti gab sich nach dem Parteitag überzeugt, dass Walter das Votum beachten und ihr trotz seiner Kritik die Stimme angeben werde. Sie berief sich auf eine entsprechende Zusage ihres Stellvertreters. Die Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger bekräftigte ihren Entschluss, am Dienstag mit Nein zu stimmen. Damit ist die SPD-Landesvorsitzende darauf angewiesen, dass ihr alle anderen Abgeordneten von SPD, Grünen und Linke die Stimme geben - also auch Walter.

In ihrer Rede bezeichnete Ypsilanti den Koalitionsvertrag als solide Grundlage für eine soziale, ökologische und wirtschaftliche Erneuerung des Landes. Sie widersprach Kritik an den Abmachungen zum Ausbau der Flughäfen Frankfurt und Kassel-Calden sowie zu den Autobahnprojekten A 44 und A 49. Für Frankfurt ergebe sich allenfalls eine Verzögerung von acht Monaten. In Kassel habe die Erweiterung eine faire Chance gegenüber einer bloßen Modernisierung. Die beiden Autobahnprojekte A 44 und A 49 würden zügig realisiert.

Die Koalitionsvereinbarung sieht unter anderem den Ausbau erneuerbarer Energien, eine längere gemeinsame Schulzeit und die Umwandlung von Ein-Euro-Jobs in reguläre Stellen vor. Am Frankfurter Flughafen will die künftige Regierung ein Nachtflugverbot anordnen und den Beginn des Ausbaus bis spätestens Ende 2009 aufschieben, um Gerichtsverfahren abzuwarten. Walter sagte, dieses Vorgehen gefährde die Baugenehmigung und damit Arbeitsplätze. In der derzeitigen Wirtschaftslage sei dies nicht zu verantworten.

Ypsilanti hatte im Landtagswahlkampf eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen, kurz nach der Wahl Ende Januar aber einen ersten Anlauf zur Machtübernahme mit Hilfe der Linkspartei gestartet. Wegen Metzgers Haltung musste sie ihn abbrechen. CDU- Ministerpräsident Koch konnte deshalb auch ohne parlamentarische Mehrheit geschäftsführend weiterregieren.