CDU-Sicherheitsexperte Wolfgang Bosbach fordert stärkere Kontrolle von Unternehmen, die sensible Informationen verwalten. Geheimnummern von Prominenten in der Hand von Unbekannten. Ausgespäht: Fernsehkoch Johann Lafer, Komiker Hape Kerkeling, Schauspieler Til Schweiger.

Hamburg/Bonn. Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, ist einigermaßen erschüttert. "Das ist ein unfassbarer Vorgang", sagt er und meint damit den bislang größten Datendiebstahl in Deutschland bei der Telekom. Wie der Konzern am Wochenende einräumen musste, waren bei der Mobilfunksparte T-Mobile bereits 2006 Datensätze von rund 17 Millionen Mobilfunkkunden entwendet worden. Name, Anschrift, Handy-Nummern - teilweise als geheim eingestuft -, und auch Geburtsdaten und E-Mail-Adressen. Das Unternehmen schaltete zwar schon damals sofort die Staatsanwaltschaft ein, wurde aber nun von Recherchen des "Spiegels" überrascht und musste feststellen, dass die Daten noch immer in kriminellen Kreisen zirkulieren.

"Das ist nicht nur eine Frage von Datenschutz, sondern jetzt ist der Bund als Eigentümer gefragt", sagte Bosbach dem Abendblatt. Drei neue Auflagen forderte der Sicherheitsexperte der Union. "Wir brauchen eine wirkliche Zertifizierung mit hohen Sicherheitsstandards für alle Stellen, die personenbezogene Daten speichern", sagte Bosbach. Außerdem müsse das Datenschutzrecht "auf die Höhe der Zeit" gebracht werden. "Dazu gehört eine lückenlose Protokollierung, wer, wann, weshalb auf welche Daten zugegriffen hat", sagte der CDU-Politiker. Das müsse auch für die legalen Zugriffe der Telekom-Mitarbeiter gelten. Außerdem sollten Unternehmen verpflichtet werden, die Betroffenen unverzüglich zu informieren, sollten Daten gestohlen werden. "Das ist doch eine Bringschuld der Telekom", sagte Bosbach auf den aktuellen Fall bezogen und fügte hinzu: "Man kann doch nicht einmal im Jahr selbst bei der Telekom anrufen und fragen, ob Daten abhandengekommen sind." Letztlich müsse der Staat alle diese Standards überprüfen können.

Unter den gestohlenen Daten bei der Telekom sind nach Angaben des "Spiegels" neben Prominenten aus Kultur und Gesellschaft - wie Hape Kerkeling und Günther Jauch - "auch eine erstaunliche Anzahl geheimer Nummern und Privatadressen von bekannten Politikern, Ministern, Ex-Bundespräsidenten, Wirtschaftsführern" betroffen.

Das Bundesinnenministerium bestätigte, es habe das Bundeskriminalamt (BKA) beauftragt, Gefährdungsanalysen dieser Politiker und Wirtschaftsführer zu erstellen, nachdem es von der Telekom über die Erkenntnisse des "Spiegels" informiert worden sei.

Telekom-Chef Rene Obermann entschuldigte sich bei den Kunden des Unternehmens für den "sehr ärgerlichen Vorfall" und wies darauf hin, dass die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft wurden.

Der Konzern richtete unter der Telefonnummer 0800-330 03 45 05 eine Hotline für Fragen seiner Kunden ein. Diese könnten auf Wunsch auch kostenlos ihre Mobilfunknummer ändern lassen.

Der Konzernchef, der damals noch selbst der Mobilfunksparte T-Mobile vorstand, bestätigte der "Bild am Sonntag", das Unternehmen sei vor zweieinhalb Jahren von einem Vertriebspartner informiert worden, dass ihm Daten angeboten wurden. Daraufhin habe die Telekom sofort Untersuchungen eingeleitet und Anzeige erstattet. Die Behörden hätten dann auch bei Durchsuchungen Datenträger sichergestellt. Damit hoffte man offenbar bei der Telekom, das Problem im Griff zu haben. "Schadensfälle sind uns nicht bekannt", sagte Obermann. An die Öffentlichkeit sei man nicht gegangen, um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht zu gefährden, so ein Telekom-Sprecher.