Hamburg hat in den vergangenen Jahren auf eine Reihe von Notlagen reagiert - vor allem nach den Fällen Jessica und Kevin. Ein paar Beispiele:

Es gibt inzwischen 16 "Familienhebammen"-Projekte in den Stadtteilen.

Fast 400 Mitarbeiter der Jugendhilfe wurden zu Kinderschutzfachkräften fortgebildet, die Stellenausstattung der Jugendhilfe verbessert.

Seit 2007 sind 18 von 22 geplanten Eltern-Kind-Zentren in Kitas eröffnet worden. Sie bieten Eltern mit Kindern unter drei Jahren kostenlos z. B. Frühstück, Spielgruppen, regelmäßige Information über Erziehung, Babypflege, Bewegung, Sprachförderung und Ernährung durch Fachleute. Im Eltern-Kind-Zentrum der Kita Druckerstraße in Billstedt gibt es zum Beispiel eine Kooperation mit der öffentlichen Bücherhalle mit Spielen und Bilderbüchergucken. "Das wird sehr gut angenommen", sagt Leiterin Astrid Casperczyk.

Die Zentren können auch Kindern bis drei Jahre ohne Kita-Anspruch schnell einen Platz ("Priorität I") vermitteln, wenn die Situation der Eltern es erfordert - ohne aufwendiges Behördengutachten. "Wir können viele Wege für Eltern kleiner machen und Misstrauen abbauen", sagt Sirkka Behrens von der Kita An der Falkenbek in Neugraben.

Die Eltern-Kind-Zentren erhalten für Fachkraft-Honorare, Personal- und Essenskosten im Monat 4000 Euro. Den personellen Mehraufwand schaffen einige allerdings nur an drei statt fünf Tagen pro Woche - und "nur mithilfe von Praktikanten der Fachschule für Sozialpädagogik", sagt eine Kindergärtnerin.

Auch ein anderes erhebliches Problem ist geblieben: die Ausstattung des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD), der zentralen Anlaufstelle bei Verletzungen des Kindeswohls. Zwar wurde der ASD nach dem "Fall Jessica" 2006 personell aufgestockt. Aber bereits 2006 betrug das Soll 269 Stellen. Besetzt sind heute 273. Die Aufstockung hat bisher nur die damaligen 30 Vakanzen (!) ausgeglichen.

Dabei steigt die Zahl der Fälle beim ASD stetig an: mehr betreuungsbedürftige Familien, mehr gemeldete Kindesvernachlässigungen und Verletzungen der Fürsorgepflicht. 185 ASD-Mitarbeiter reichten seit 2004 bei ihren Vorgesetzten Überlastungsanzeigen ein. "Wir können nicht diese Zunahme bearbeiten und gleichzeitig die vorsorgende aufsuchende Sozialarbeit in den Brennpunkten ausweiten", sagt ein Mitarbeiter. Im Bezirk Bergedorf gibt es bereits Wartelisten bei der Familienbetreuung.

Von dem Ziel, den Familien bedarfsgerechte Hilfen zu geben, ist Hamburg noch weit entfernt.