Polizisten erlebten am Anfang den schwersten Gewaltausbruch seit 30 Berufsjahren.

HEILIGENDAMM. An einem Weidegatter bei Wittenbeck, wenige hundert Meter vom Sicherheitszaun entfernt, hängen dicke Polizeijacken in der Sonne. Helme mit aufgeklappten Visieren liegen im Gras. Drum herum sitzen und stehen Beamte der Bereitschaftspolizei aus Hannover. "Wir haben so viel geschwitzt in den letzten Tagen. Die Sachen müssen jetzt trocknen", sagt ein junger Beamter. "Vielleicht brauchen wir sie ja noch mal." Doch danach sieht es nicht aus. Viel los ist an diesem Freitagmorgen am Sicherheitszaun rund um Heiligendamm nicht mehr. Alle G-8-Gegner sind inzwischen aufgebrochen.

Die Polizisten freuen sich auf ihre Heimreise. Diensthundeführer Volker Maßmann (52) soll bis Sonntag bleiben, hofft aber, schon Sonnabend nach Lübeck abreisen zu können. "Meine Tochter Inga ist während meines Einsatzes 18 Jahre alt geworden", sagt er. Nun will er die Party am Sonntag nicht verpassen. Auch sein Schäferhund Pinto braucht mal wieder Ruhe.

Stefan Bart (Name geändert) freut sich auf ein heißes Bad und viel Schlaf. Der Polizist aus Berlin ist seit acht Tagen in Rostock im Einsatz und hat mit Glück vier Stunden pro Nacht schlafen können. Jetzt fühlt er sich "müde und frustriert". "Nichts hat geklappt", sagt er und zählt auf: Unterkunft, Verpflegung, Einsatzzeiten. Morgens um 6 Uhr hat er gefrühstück und ein paar "Schrippen" eingepackt, dann kam die warme Verpflegung mit Glück abends gegen 20 Uhr. "Aber wir kamen gar nicht zum Essen", sagt er. Er erzählt von Kollegen aus Bayern, die bis zu 24 Stunden ohne Verpflegung ausharrten - in Ausrüstungen die bis zu 25 Kilogramm wiegen.

Einen Gewaltausbruch, wie den der Autonomen am vergangenen Sonnabend in Rostock, hat Bart, der seit mehr als 30 Jahren auf Großeinsätzen dabei ist, noch nicht erlebt. "Das war ein Highlight", sagt er sarkastisch. Seine Einheit wurde mit scharfkantigen Betonplatten beworfen. Er bestätigt auch, was Jörg Radek aus dem Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt: Die Demonstranten müssen sogar Billardkugeln auf die Polizisten geschleudert haben. Die harten Kugeln wurden bei der Demonstration gefunden. Aus Fahrradschläuchen wurden Wurfgeräte gebastelt, so Radek.

Der Sprecher der Sondereinheit Kavala, Lüder Behrens weiß davon nichts. Aber er bestätigt, dass in Rostock mit "katapultähnlichen Vorrichtungen" größere Steine geschleudert wurden. Die Beamten standen im Steinhagel. 30 erlitten schwere bis offene Brüche, Prellungen und Gehirnerschütterungen.

Doch hielt die Gewalt nur am Wochenende an. Ein Polizist aus Bayern (35), eingesetzt bei Heiligendamm, ist "froh, dass es nach den Krawallen in Rostock so friedlich abgelaufen ist." Zum Schluss herrscht eine schon fast freundschaftliche Stimmung am Zaun. Als sich am Freitag am lange durch Wasserwerfereinsatz geschützten Kontrollpunkt Hinter Bollhagen noch zwei Demonstranten auf die Straße setzen und rufen: "Wir machen eine Blockade", antworten die Polizisten: "Wir holen die Wasserwerfer" - und spritzen mit ihren Wasserflaschen.