Gekürt: CDU-Chefin ist Kanzlerkandidatin. Sie plant eine große Steuerreform.

Hamburg. Es war eine historische Entscheidung, und sie wurde von der Partei mit begeisterter Zustimmung aufgenommen. Als erste Frau in der bundesdeutschen Geschichte ist Angela Merkel gestern von CDU und CSU zur Kanzlerkandidatin gekürt worden.

Einstimmig benannten die Präsidien der beiden Schwesterparteien die 50 Jahre alte Politikerin aus Ostdeutschland zur Herausforderin von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Bundestagswahl im Herbst.

Angela Merkel gab sich bescheiden und sagte: "Ich will Deutschland dienen." Dies solle auch ihr Wahlkampfmotto werden.

CSU-Chef Edmund Stoiber verkündete die Nominierung nach der Präsidiumssitzung unter tosendem Beifall im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Die Entscheidung für Merkel sei "einstimmig und einmütig" gewesen. Stoiber versicherte an die CDU-Chefin gewandt: "Ich werde alles tun, damit Sie die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden!"

Im Jahr 2002 war Stoiber selbst knapp gegen Schröder unterlegen, nachdem er sich zuvor im Rennen um die Kandidatur gegen Merkel durchgesetzt hatte.

Die neue Spitzenkandidatin genoß den Beifall sichtlich. Angela Merkel versicherte, sie wolle einen Wahlkampf "ohne Feindbilder" führen. Zugleich kündigte sie ein "Wahlprogramm mit dem Mut zur Ehrlichkeit" an sowie einen konsequenteren Reformkurs, der vor allem zu mehr Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen soll.

Deutschland brauche keine Agenda 2010 mehr, so richtig einige Schritte auch gewesen seien, sagte sie. "Wir brauchen eine Agenda Arbeit."

Nur eine Politik aus einem Guß könne die zunehmende Spaltung der Gesellschaft überwinden. "Wir wollen die Ich-AGs durch die Wir-Gesellschaft ersetzen", rief Merkel unter dem Beifall ihrer Anhänger.

Kern ihrer Politik ist offensichtlich eine große Steuerreform. Angela Merkel hält dabei an einer schnellen Steuersenkung nach der Wahl fest. Sie orientiert sich am "Konzept 21" der Union, das in einem ersten Schritt eine Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf zwölf Prozent und des Spitzensteuersatzes von 42 auf 39 Prozent vorsieht.

Zugleich segneten die Unionsspitzen auch den Fahrplan für das Wahlkampfprogramm ab, das am 11. Juli beschlossen werden soll. Für den 28. August wurde zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase ein CDU-Sonderparteitag nach Dortmund einberufen. Die CSU trifft sich zum Wahlkongreß am 2. und 3. September.