Mannschaft: Zum Girls-Camp der CDU-Chefin ist eine Boygroup gestoßen. Ihr Team ist jung, loyal und durchsetzungsstark.

Auf der politischen Bühne der Republik ziehen naturgemäß die Regierenden die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Die Spitzen der Opposition schaffen es oft auch noch ins Scheinwerferlicht. Doch deren Helfer führen meist ein Dasein im Schatten: kaum beachtet, wenig bekannt, obwohl oft genug einflußreich hinter den Kulissen. Politik ist ein Mannschaftssport. Wer es nicht schafft, ein professionelles Team um sich zu scharen und fähige Köpfe an sich zu binden, steht in der Politik oft rasch auf verlorenem Posten.

Auch Angela Merkel, die frisch gekürte Kanzlerkandidatin der Union, hat in den vergangenen Jahren emsig Personalpolitik in eigener Sache betrieben und sich ein Netz wichtiger Helfer und loyaler Unterstützer in Partei und Bundestagsfraktion geknüpft.

Zu ihren wichtigsten Helfern und Vertrauten zählen ohne Zweifel ihre Büroleiterin Beate Baumann und Pressesprecherin Eva Christiansen. Die 41jährige Baumann, aus Osnabrück kommend und von Hause aus Sprachwissenschaftlerin, arbeitet für Merkel schon seit 1992, als diese noch junge Frauenministerin im Kabinett Kohl war. Die 35jährige Christiansen, gebürtige Kölnerin und Ökonomin, heuerte kurz vor der Bundestagswahl 1998 als Pressereferentin bei der CDU an. Heute zählt sie zu Merkels "inner circle" und könnte nach einem Wahlsieg der Union Gerhard Schröders Sprachrohr Bela Anda als Regierungssprecher ablösen.

Über einen engen Draht zur CDU-Chefin verfügt auch Hildegard Müller, Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen und von 1998 bis 2002 Bundesvorsitzende der Jungen Union. Als wichtige Beraterin gilt schon lange auch die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan. Die unterlag in Baden-Württemberg nach Erwin Teufels Rückzug als Ministerpräsident ihrem Rivalen Günther Oettinger im Kampf um die Nachfolge. Nun wird sie schon als Forschungsministerin in einem möglichen Kabinett Merkel gehandelt.

Über die einflußreichen Frauen im Gefolge der CDU-Chefin zerrissen sich nicht wenige Männer und Machos inner- und außerhalb der Union schon häufig die Mäuler, spotteten über Merkels "Girls-Camp". Dies Klischee hält sich hartnäckig, obwohl im engeren Beraterkreis, der täglich frühmorgens mit der Vorsitzenden berät, neben Baumann und Christiansen nur Männer sitzen, darunter Planungschef Matthias Graf von Kielmannsegg, CDU-Bundesgeschäftsführer Johannes von Thadden und, wichtiger noch, CDU-Generalsekretär Volker Kauder und Norbert Röttgen, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer (PGF) der Bundestagsfraktion.

Kauder, 2002 Befürworter einer Kanzlerkandidatur des Bayern Edmund Stoiber, ist längst Merkels wichtigster Mann. Erst organisierte der ausgebuffte, energische und stets verbindliche Schwabe Merkel nach der verlorenen Wahl 2002 als PGF die Fraktion. Im Januar rückte er als Generalsekretär in die CDU-Zentrale ein, nachdem sein Vorgänger Laurenz Meyer über eine Gehaltsaffäre gestürzt war. Kauder gilt als Ausbund an Effizienz. Einer Regierungschefin Merkel würde er wohl als Chef des Kanzleramtes in die Zentrale der Macht folgen.

Der Jurist Röttgen (39) wiederum, Kauders Nachfolger als PGF, zählt zu der jüngeren, ehrgeizigen Riege aufstrebender Parlamentarier, deren Wort bei Merkel gilt und auf deren Loyalität sie bauen kann. Die "Zeit" spricht gar von Merkels neuer "Boygroup". Dazu gehört auch Fraktionsjustitiar Peter Altmaier (46). Der Saarländer, ein kluger Analytiker zählte wie Röttgen in der Spätphase Kohl zu den "Jungen Wilden", die damals in der CDU auf Erneuerungskurs drängten, ohne sich damals schon durchsetzen zu können. Auch Ronald Pofalla aus Nordrhein-Westfalen, Fraktions-Vize für Wirtschaft, zählt in der Fraktion zu den wichtigen Merkelianern, ebenso der Niedersachse Eckart von Klaeden, der als Obmann der Union im Visa-Untersuchungsausschuß Bundesaußenminister Joschka Fischer fungiert.

Gewicht haben bei Merkel auch Ratschläge des Europapolitikers und Ex-Generalsekretärs Peter Hintze sowie von Außenpolitiker Friedbert Pflüger. Zu den einflußreichen Älteren zählt Willi Hausmann. Der 62jährige diente ihr einst als Staatssekretär, war nach der Wahl 1998 CDU-Bundesgeschäftsführer und ist - inzwischen Pensionär - geschätzter Berater von Wahlkämpfern, in Schleswig-Holstein wie in Nordrhein-Westfalen. Auch im Bundestagswahlkampf wird Merkel kaum auf ihn verzichten. Eines unterscheidet Hausmann deutlich von vielen anderen in Merkels Dunstkreis. Er will wohl nichts mehr werden, wenn nach einem Wahlsieg der Union das Gerangel um Ministersessel und sonstige Posten losgehen dürfte.