Unionsabgeordnete fürchten, ein Verbot des Adressenhandels würde Tausende Arbeitsplätze in Deutschland gefährden.

Berlin. Der Widerstand des CDU-Wirtschaftsflügels gegen den Kurs der Großen Koalition wächst. Jetzt machen die Wirtschaftspolitiker massiv Front gegen die geplante Novelle zum Bundesdatenschutzgesetz, wonach Adressen von Verbrauchern künftig nur noch mit deren ausdrücklicher Einwilligung weitergegeben werden dürfen. Während Datenschützer das Gesetz bejubeln, sehen die CDU-Politiker vor allem zusätzliche Lasten für mittelständische Unternehmen. Ihr Kernargument: Diese seien schlicht auf den Tausch und die Anmietung von Daten angewiesen, um neue Kunden zu finden.

Michael Fuchs, Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand, sagte dem Hamburger Abendblatt: "Wir müssen sehr aufpassen, dass die Novelle des Datenschutzgesetzes so nicht verabschiedet wird. Jeder, der ein Geschäft aufbaut, braucht Zugang zu Adressen, sonst ist er verloren. Ich werde dafür kämpfen, dass wir hier keinen Schaden anrichten."

Fuchs zusammenfassend: "Der wirtschaftspolitische Kurs der Bundesregierung kann einem derzeit schwer zu schaffen machen." Gestern hatte bereits Josef Schlarmann, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU, gegenüber dem Abendblatt erklärt, es wundere ihn nicht, "dass sich unsere Anhänger in größerer Zahl der FDP zuwenden".

Das Kabinett hatte den Entwurf zum neuen Datenschutzgesetz am 10. Dezember beschlossen. Jetzt beraten die Ausschüsse. Pikant: Zuständig sind mit Verbraucherschutz (Ilse Aigner, CSU), Innen (Wolfgang Schäuble, CDU) und Wirtschaft (Michael Glos, CSU) gleich "drei unionsgeführte Ministerien", wie der CDU-Finanzexperte Ole Schröder anmerkt. "Meines Erachtens haben diese die Folgen nicht bedacht."

"Ich kann euch versichern, dass mein Haus auch die von euch vorgetragenen Bedenken in die Diskussion eingebracht hat", beteuerte indes Glos in einem Brief an die CDU-Abgeordneten Laurenz Meyer und Rita Pawelski, der dem Abendblatt vorliegt. Beide hatten bereits im November im Namen der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie, die Meyer leitet, massive Einwände vorgebracht. 83 Prozent aller Unternehmen in Deutschland würden Dialog-Marketinginstrumente einsetzen, eröffneten sie dem "lieben Michael". Und warben für ihren Kompromissvorschlag, dass Firmen sensible personenbezogene Daten künftig nur dann nutzen dürfen, wenn sie garantieren, sicher damit umzugehen. Doch die Bedenken verhallten ungehört. "Wir nehmen gerade sehr viel Geld in die Hand, um in der Konjunkturkrise Arbeitsplätze zu retten. Es könnte sein, dass wir durch diese Gesetzesnovelle gleichzeitig Tausende von Arbeitsplätzen abbauen", kritisierte Pawelski. Auch Steffen Kampeter, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte: "Das muss den Menschen doch wie Hohn erscheinen: Wir schützen die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und vernichten sie durch Gesetze in anderen Bereichen."

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke hält es für "unvorstellbar, dass das Gesetz verabschiedet wird, wenn ein so bedeutender Flügel der Union das nicht will". Falls es in den jetzt anstehenden Beratungen zu keiner Einigung komme, "muss die Bundeskanzlerin eingreifen und schlichten". Auch Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, sieht Angela Merkel in der Pflicht, zu agieren: "Der Datenschutz ist auch eine Standortfrage. Es darf nicht zur Gefährdung von Arbeitsplätzen kommen. Daher ist Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert, in der Regierung eine Übereinkunft zu finden."