Parteitag der Linken hat begonnen. Es wird über eine neue Führung entschieden werden und somit auch über die Zukunftsfähigkeit der Partei.

Göttingen. Der Parteivorsitzende der Linken, Klaus Ernst, hat zum Auftakt des Wahlparteitags die Delegierten zur Einigkeit aufgerufen. „Die Zukunft unserer Partei liegt nicht im Westen, die Zukunft unserer Partei liegt nicht im Osten, die Zukunft unserer Partei liegt im Zusammenbleiben“, sagte er am Sonnabend in Göttingen. Nach einem wochenlangen Machtkampf will die Partei am Abend eine neue Doppelspitze wählen. Für die beiden Posten bewerben sich zehn Kandidaten. Sechs von ihnen haben Chancen. Der Ausgang gilt als völlig offen. Dem Führungsduo muss mindestens eine Frau angehören.

Ernst sagte, die Partei sei bei den Bundestagswahlen 2005 und 2009 als gesamtdeutsche Linke angetreten. Damals habe man den Wählern auch versprochen zusammenzubleiben. „Wenn wir jetzt auseinanderrennen, oder wenn wir zulassen, dass wir auseinandergerannt werden, dann machen wir einen Wahlbetrug.“ Ernst verwies auf die jüngsten Niederlagen bei Landtagswahlen. Seit 2009 habe die Partei insgesamt rund 9000 Mitglieder verloren – ganze Kreisverbände im Westen hätten sich aufgelöst. Ernst sprach von „Zerfallserscheinungen“ in der Partei und räumte ein, auch selbst Fehler gemacht zu haben.

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Im Machtkampf um den Parteivorsitz hatte sich Ex-Parteichef Oskar Lafontaine in der vergangenen Woche zurückgezogen. Als Ersatzkandidat für ihn schickt das linke und überwiegend westdeutsche Lager den baden-württembergischen Landeschef Bernd Riexinger ins Rennen. Er muss es vor allem mit Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch aufnehmen, der die ostdeutschen Reformer hinter sich hat.

Auch Bartsch mahnte eine stärkere Geschlossenheit der zerstrittenen Partei an. „Wir alle haben eine Verpflichtung, hier einen neuen Aufbruch der Linken zu gestalten. Ich bin zuversichtlich und meine, dass wir Montag neu am Start sind und wieder angreifen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa am Rande des Parteitags. Dennoch fürchte er keine Spaltung. „Ich glaube nicht, dass Gräben vertieft werden.“

Der Landesvorsitzende der Linken in Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhahn, sah die Situation in der um ihre künftige Richtung ringenden Partei skeptischer: „Ich hoffe, dass auf diesem Parteitag nicht das Siegen und Besiegen eine Rolle spielt, sondern das Miteinander. Das wird keine leichte Aufgabe“, erklärte er. Er sei nicht übertrieben, von einer drohenden Selbstzerstörung der Linken zu sprechen. „Es geht um die Existenz der Partei – und zwar egal wo.“

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Zum Parteitag wurden rund 570 Delegierte erwartet. Zur Wahl um den Vorsitz tritt auch die zum Lafontaine-Lager zählende sächsische Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann an. Auf Bartschs Seite wird die Hamburger Fraktionschefin Dora Heyenn eingeordnet. Als Alternative zwischen den beiden Flügeln stellen sich Parteivize Katja Kipping und NRW-Landeschefin Katharina Schwabedissen zur Wahl. Sie stünden mit ihren 34 und 39 Jahren für einen Generationswechsel.

Unklar ist, ob die Vize-Parteivorsitzende und Lebensgefährtin Lafontaines, Sahra Wagenknecht, doch noch kurzfristig antritt. Am Freitag bezeichnete sie einen solchen Schritt als „Notvariante“. Unwahrscheinlich ist, dass der bisherige Vorsitzende Klaus Ernst noch einmal für den Chefposten kandidieren wird. Seine Co-Vorsitzende Gesine Lötzsch war bereits Anfang April aus privaten Gründen zurückgetreten. (dpa)