Riexinger will antreten. Ernst und Wagenknecht halten sich alle Optionen offen. Ein Spitzentreffen mit Politikern aus Bund und Ländern zur Klärung der Lage brachte am Mittwoch in Berlin kein Ergebnis

Berlin. Die Linke steuert auf einen turbulenten Parteitag zu. Ein Spitzentreffen mit Politikern aus Bund und Ländern zur Klärung der Lage brachte am Mittwoch in Berlin kein Ergebnis. Damit konkurrieren jetzt vier Männer und acht Frauen um die vorgeschriebene Doppelspitze, die mindestens zur Hälfte weiblich besetzt werden muss. Neu ins Rennen ging kurz vor dem Bundesparteitag der Baden-Württemberger Bernd Riexinger, der Unterstützung von Parteichef Klaus Ernst und Vize Sahra Wagenknecht erhielt.

Die Linke wählt am Wochenende in Göttingen einen neuen Vorstand. Der Reformerflügel stützt vor allem Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch als möglichen neuen Vorsitzenden. Die radikalen Linken hatten sich Hoffnungen auf eine Rückkehr von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine gemacht, der aber inzwischen nicht mehr antreten will. Der baden-württembergische Landessprecher der Linken, Riexinger, der Lafontaines Rückkehr an die Spitze befürwortet hatte, will nun selbst Bundesparteichef werden. „Meine Kandidatur soll ein Integrationsangebot an die Partei sein“, sagte der 56-Jährige der Nachrichtenagentur dapd. Er stehe für „einen klaren politischen Kurs“ und habe dennoch in der Vergangenheit nicht polarisiert.

Ernst bezeichnete Riexinger als „Freund“ und „sehr guten Kandidaten“. Er zeigte sich nach dem Treffen in Berlin zugleich überzeugt, dass es gelingen werde, in Göttingen eine „integrative Führung“ zu wählen. Ob er noch einmal antritt, ließ Ernst offen. Dazu werde er sich erst auf dem Parteitag äußern.

Wagenknecht erklärte ebenfalls ihre Unterstützung für Riexinger. Sie werbe für eine Doppelspitze aus dem Baden-Württemberger und der Vize-Vorsitzenden Katja Kipping, sagte die stellvertretender Vorsitzende von Partei und Bundestagsfraktion dapd. „Das wäre ein Integrationsangebot für die gesamte Partei.“ Sie selbst wolle bei dieser Konstellation stellvertretende Vorsitzende bleiben. Wagenknecht hat bisher allerdings nicht ausgeschlossen, doch noch selbst für den Vorsitz zu kandidieren.

Kipping hatte vor Kurzem erklärt, gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Landeschefin Katharina Schwabedissen für die Doppelspitze anzutreten. Der Wochenzeitung „Der Freitag“ sagte sie laut Vorabmeldung vom Mittwoch, sie sehe diese gemeinsame Kandidatur als moderate Alternative zu Bartschs Bewerbung und zu Wagenknecht als möglicher Ko-Vorsitzenden.

„Entweder man will die Spitzen der beiden Lager, in all ihrer Medienpräsenz und all ihrer Brillanz, dann muss man über eine Führung Wagenknecht/Bartsch diskutieren. Oder man wählt bewusst Leute, die moderater sind und die den Aufbruch in etwas anderes wollen, dann muss man über eine Spitze Schwabedissen/Kipping reden“, sagte die Dresdnerin.

Vertreter des Reformerflügels äußerten sich am Mittwoch besorgt über den Zustand der Partei. Der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer beschrieb die Lage der Linken als „ziemlich dramatisch“. Es komme nun darauf an, ob auf dem Parteitag eine „Kultur des Miteinander“ sichtbar werde oder ob es „um Sieg oder Niederlage“ gehe.

Auch der sächsische Landeschef Rico Gebhardt mahnte einen friedlicheren Umgang innerhalb der Partei an. Es sei inzwischen schwierig geworden, „die aufgestellten Truppenteile irgendwie zusammenzubringen“. Noch habe er aber die Hoffnung, dass „die Vernunft siegt“.