Auch der Bundestag debattiert das Berliner Flughafendesaster mit scharfen Tönen an die Adresse von Planern und Kontrolleuren.

Berlin. Wegen des Debakels um den Hauptstadtflughafen ist im Bundestag parteiübergreifend scharfe Kritik an Management und Aufsichtsrat laut geworden. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sagte am Freitag in einer lebhaften Debatte: "Das Ganze hat Provinzniveau.“ Die Kontrolle habe völlig versagt. FDP-Generalsekretär Patrick Döring nannte es unverantwortlich, dass der Betreiber geglaubt habe, der „Wahnsinn“ einer halbautomatischen Brandschutzanlage würde genehmigt. Die Grünen forderten tabulose Aufklärung. Der Berliner FDP-Landeschef Martin Lindner verlangte den Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) als Flughafen-Aufsichtsratsvorsitzender.

Der SPD-Verkehrspolitiker Uwe Beckmeyer stellte mit Blick auf den geplatzten Eröffnungstermin 3. Juni fest: „Dieser Flughafen war nicht fertig.“ Neben der offiziellen Begründung mit Brandschutzmängeln habe es offenkundig Schwierigkeiten etwa auch bei der Informationstechnik und bei den Lounges gegeben. Problematisch für die Kontrolle sei gewesen, dass das Milliardenprojekt während der Bauphase erweitert worden sei. Der CDU-Abgeordnete Peter Wichtel sah bedenkliche Informationsprobleme der Geschäftsführung. Die hauptsächliche Verantwortung für den Prozess liege bei den Landesregierungen in Berlin und Brandenburg. Als neuer Termin für den Betriebsstart wird nun der 17. März 2013 angepeilt.

+++ Flughafendebakel: Bundestag debattiert, Wowereit erklärt sich +++

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, eines des bekanntesten Infrastrukturprojekte in Deutschland sei „richtig versemmelt worden“. Nach eklatantem Missmanagement könne man sich nicht damit zufriedengeben, dass Technik-Geschäftsführer Manfred Körtgen als Bauernopfer gehen müsse. Der FDP-Abgeordnete Lindner forderte, ein Vertreter des Bundes solle den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft übernehmen. An ihr sind Berlin und Brandenburg mit je 37 Prozent beteiligt, der Bund mit 26 Prozent. Mehrere Redner forderten, Wowereit müsse auch Bundestagsausschüssen Auskunft geben.

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Am Ausweichstandort Tegel rechnet die Lufthansa mit erheblichen Problemen. „Unsere Operation wird auf Kante genäht sein“, sagte der zuständige Manager Oliver Wagner im Mitarbeitermagazin „Lufthanseat“. Vor allem im Winter bei Eis und Schnee werde man Kompromisse eingehen müssen. So könne vielleicht nicht jeder Flug am angestammten Terminal A abgefertigt werden. Möglicherweise müssten auch Maschinen nach Schönefeld geflogen werden, weil in Tegel Wartungskapazitäten fehlten. Lufthansa werde die zusätzliche Kosten dem Flughafenbetreiber in Rechnung stellen.

Um ein neuerliches Termin-Debakel zur Eröffnung des Willy-Brandt- Flughafens zu verhindern, verlangt Lufthansa künftig detaillierte Berichte des Betreibers zum Gesamtfortschritt des Bauvorhabens. Bislang sei man nur über Themen informiert worden, die direkt die Airlines beträfen, kritisierte Wagner, der Geschäftsführer der Lufthansa-Tochter Germanwings ist. Von Problemen etwa mit dem Brandschutz habe man nichts erfahren. (dpa)