Laut Armee ist mangelnde Resonanz der Grund. Alle gesellschaftlichen Gruppen waren eingeladen. Opposition will Referendum nicht blockieren.

Kairo. Die Bemühungen um ein Ende der politischen Krise in Ägypten haben am Mittwoch einen Rückschlag erlitten. Die Armee verschob den Beginn eines nationalen Einheitsdialogs, zu dem es am Vortag alle gesellschaftlichen Gruppen eingeladen hatte. Die Resonanz sei zu gering gewesen, begründete ein Armeesprecher den Schritt. Das wichtigste Oppositionsbündnis rief die Bevölkerung auf, beim Verfassungsreferendum mit Nein zu stimmen. Einen Boykott soll es nicht geben. Vergangene Woche waren bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene Machtdekrete von Präsident Mohammed Mursi sieben Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.

Wenige Minuten vor der Verschiebung hatte die Opposition aus liberalen und säkularen Gruppen ihre Teilnahme an dem Dialog verkündet. Oppositionspolitiker wie der früherer Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa, oder Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei sagten ihr Kommen zu. Vergangene Woche noch schlugen sie eine ähnliche Einladung Mursis aus. Wann das Treffen nun beginnen sollen, sagte der Armeesprecher nicht. Armeechef und Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sissi hatte am Vorabend erklärt, das Gespräch solle keinen politischen Charakter haben. „Wir werden uns als Ägypter zusammensetzen“, sagte er.

Die Armee hat in der Vergangenheit die politischen Geschicke des Landes bestimmt. Alle Präsidenten stammten aus ihren Reihen, bis Mursis Vorgänger Husni Mubarak im vergangenen Jahr gestürzt wurde. Nach dem Wahlsieg des von der Muslimbruderschaft unterstützten Mursi setzte sich dieser im Machtkampf mit den Militärs durch und ernannte ein neues Oberkommando. Die Armee selbst sieht sich jedoch weiterhin als Garant der nationalen Sicherheit.

Am Mittwoch begann für die im Ausland lebenden Ägypter das Verfassungsreferendum. Zu Hause soll es an den beiden kommenden Samstagen stattfinden. Bis zum Schluss forderte die Opposition unter Hinweis auf die chaotischen Proteste und Gegenproteste in den vergangenen zwei Wochen eine Verschiebung. Jetzt will sie für ein Nein werben, nachdem sie auch einen Boykott nicht ausgeschlossen hatte. Die Gegner Mursis kritisieren, dass der Entwurf eine islamistische Handschrift trage und mit zu großer Eile ausgearbeitet worden sei. Die Verfassung ist Voraussetzung für die Anfang kommenden Jahres geplanten Parlamentswahl.