Vor Massenkundgebungen von Gegnern und Anhängern von Präsident Mursi – laut Zeugen Brandsätze auf Lager auf Tahrir-Platz geworfen.

Kairo/Luxor. Ein Angriff auf ägyptische Oppositionelle auf dem Tahrir-Platz in Kairo hat am Dienstag die Spannungen vor den angekündigten Massenkundgebungen von Anhängern und Gegnern von Präsident Mohammed Mursi verschärft.

Maskierte Bewaffnete hätten die Regierungsgegner in der Nacht mit Schrot beschossen und dabei neun Menschen verletzt, hieß es aus Kreisen der Behörden. Der britische Sender BBC hatte zuvor unter Berufung auf Augenzeugen gemeldet, das Lager der Opposition auf dem Tahrir-Platz sei auch mit Brandsätzen angegriffen worden.

Islamisten und ihre Gegner bereiten sich in Kairo unterdessen auf einen neuen Schlagabtausch vor. Die Gegner von Präsident Mohammed Mursi wollen am Dienstagnachmittag gegen das geplante Verfassungsreferendum demonstrieren. Die Organisatoren erklärten, sie hätten die Routen für ihre Protestmärsche so gewählt, dass Zusammenstöße mit den Islamisten vermieden würden. Diese planen zur gleichen Zeit Solidaritätskundgebungen für Mursi.

Bei den Kundgebungen werden größere Auseinandersetzungen zwischen Regierungsanhängern und der Opposition befürchtet, wenn es der Armee nicht gelingen sollte, die beiden Seiten auseinanderzuhalten. In der vergangenen Woche war es vor dem Präsidentenpalast zu blutigen Straßenschlachten gekommen, bei denen mindestens sechs Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden.

Wer für den Angriff in der Nacht zum Dienstag auf dem Tahrir-Platz verantwortlich war, war zunächst nicht bekannt.

Gestritten wird derzeit in Ägypten über einen Verfassungsentwurf, der weitgehend von den Islamisten ausgearbeitet wurde und über den am 15. Dezember abgestimmt werden soll. Die Opposition lehnt den Entwurf für die neue Verfassung ab, hat aber bisher nicht zu einem Boykott des Referendums oder einer Ablehnung des Entwurfs an den Wahlurnen aufgerufen. Darüber werde aber noch diskutiert, sagte ein Sprecher der Nationalen Heilsfront, der oppositionellen Dachorganisation von Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei.

Mit Blick auf die Abstimmung wurden den Streitkräften weitere Rechte eingeräumt. So können Soldaten durch einen am Montag in Kraft getretenen Erlass von Präsident Mohammed Mursi auch Zivilisten festnehmen. Bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses des Verfassungsreferendums seien die Streitkräfte in Kooperation mit der Polizei dafür zuständig, wichtige staatliche Institutionen zu schützen und die Sicherheit zu gewährleisten, hieß es in dem Dekret.

In Luxor hatten die Islamisten bereits am Montagabend demonstriert. Sie riefen: „Das Volk will die Einführung der Scharia“. Außerdem forderten sie die Passanten auf, bei der Volksabstimmung am Samstag für die Verfassung zu stimmen.

Das Nachrichtenportal „youm7“ meldete, ein Islamist sei an den Folgen von Verletzungen gestorben, die er sich bei der Straßenschlacht zwischen Mursi-Gegnern und Muslimbrüdern vor dem Präsidentenpalast am Mittwoch vergangener Woche zugezogen hatte.