Israel greift den Gazastreifen weiterhin von der Luft aus an. Ein Gebäudekomplex, in dem mehrere Medien untergebracht sind, wurde attackiert

Tel Aviv/Gaza. Die Gewalt in Nahost geht weiter. Mit Luftangriffen hat Israel am Sonntag seine Offensive gegen Ziele im Gazastreifen fortgesetzt. Dabei wurden unter anderem auch ein Wohnhaus in der Stadt Gaza zerstört und zwei Gebäude getroffen, die von ausländischen Medien genutzt wurden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, das Militär sei bereit, seine Operationen erheblich auszuweiten. Eine diplomatische Lösung würde jedoch bevorzugt.

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23.02 Uhr: Der UN-Sicherheitsrat ist erneut zu kurzfristig einberufenen Beratungen über die Lage im Nahen Osten zusammengekommen. Dabei sei das Gremium von der politischen Abteilung der Vereinten Nationen über die aktuelle Entwicklung informiert worden, sagte der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig am Montag in New York im Anschluss an die Sitzung. „Die Mitglieder haben sich dafür ausgesprochen, dass die gefährliche Situation so schnell wie möglich deeskaliert werden muss.“ Das Gremium arbeite derzeit an einer gemeinsamen Erklärung. Bereits in der vergangenen Woche war der Rat wegen des Konflikts zu einer Sondersitzung zusammengekommen.

20.45 Uhr: Außenminister Guido Westerwelle hat im Gaza-Konflikt von allen Seiten weitere Anstrengungen für einen Waffenstillstand verlangt. „Es ist von allergrößter Bedeutung, dass wir für eine Deeskalation und Frieden arbeiten“, sagte Westerwelle am Montagabend in Tel Aviv. „Wir müssen darüber reden, wie wir zu einem Waffenstillstand kommen. Das ist der Schlüssel zu allem.“ Westerwelle kam noch am Abend mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman zusammen. Lieberman sagte, er hoffe, die westliche Welt habe Verständnis für Israels Wunsch, in Sicherheit zu leben. Außerdem appellierte Westerwelle eindringlich an Ägypten, seinen Einfluss auf die Hamas im Gaza-Streifen geltend zu machen. Die radikale Palästinenserorganisation hat seit Tagen den Raketenbeschuss auf Israel verstärkt. „Die Gefahr eines Krieges, eines Flächenbrandes ist real“, sagte Westerwelle. Der Außenminister betonte, in dieser „außerordentlich gefährlichen Lage“ müsste alles dafür getan werden, die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand zu schaffen. Hier müsse auch das Nachbarland Ägypten eine konstruktive Rolle spielen.

19.00 Uhr: Außenminister Guido Westerwelle ist am Montag in Israel eingetroffen, um sich um ein Ende der Gewalt im Gazastreifen zu bemühen. Noch am Abend steht in Jerusalem ein Treffen mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman auf dem Programm. Am Dienstag sind dann Gespräche mit Staatspräsident Shimon Peres und Regierungschef Benjamin Netanjahu geplant. In Ramallah kommt Westerwelle mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen. Als zentrale Voraussetzung für einen Waffenstillstand nannte er in den vergangenen Tagen immer wieder ein Ende der Raketenangriffe aus dem palästinensisch beherrschten Gazastreifen auf Israel.

18.48 Uhr: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist am Montag nach Ägypten gereist, um sich für eine Beilegung des Gaza-Konflikts einzusetzen. Noch am Abend sollte er in der Hauptstadt Kairo mit dem ägyptischen Außenminister Mohammed Amr zusammentreffen. Für Dienstag standen Gespräche mit Präsident Mohammed Mursi auf dem Programm. Anschließend wollte Ban Ki Moon nach Israel weiterreisen. Im Ägypten ringen Israel und die radikalislamische Hamas um Bedingungen für einen Waffenstillstand. Israel hat einen hochrangigen Unterhändler nach Kairo geschickt. Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat einen gewissen Einfluss auf die Palästinenser. Denn aus der Muslimbruderschaft – der politischen Heimat Mursis – ging vor Jahrzehnten die Hamas hervor.

17.21 Uhr: Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Israel wegen seiner Militäroffensive im Gazastreifen einen „terroristischen Staat“ genannt. Bei einem Treffen mit religiösen Führern warf Erdogan Israel inhumane Akte gegen die Palästinenser vor und fügte hinzu: „Deshalb ist Israel ein terroristischer Staat.“ Die türkisch-israelischen Beziehungen sind seit einem tödlichen Angriff israelischer Truppen auf ein türkisches Hilfsschiff auf dem Weg nach Gaza im Jahr 2010 auf einem Tiefpunkt. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu soll sich einer Delegation der Arabischen Liga anschließen, die zur Vermittlung eines Waffenstillstands nach Gaza reisen will.

16.30 Uhr: Angesichts der neuen Konfrontation um Gaza bekräftigt „Die Linke”-Politiker Gregor Gysi die Forderung nach einer Zweistaaten-Lösung. Es gebe „nur eine Lösung” für den Nahost-Konflikt, “einen sicheren jüdischen und einen sicheren palästinensischen Staat als Nachbarn”, sagte er im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „neues deutschland” (Dienstagausgabe). Palästina müsse „endlich und wenigstens” als Beobachterstaat in den Vereinten Nationen anerkannt werden, wie es der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas auf der UN-Vollversammlung am 29. November beantragen wolle. Um diesen Antrag gibt es weiterhin Auseinandersetzungen. Die USA wollen Abbas „dazu bewegen, den Antrag nicht zu stellen”, sagte Gysi mit Bezug auf ein Gespräch, das er in Washington mit dem palästinensischen Repräsentanten bei der UNO, Riyad Mansour, geführt habe. Mansour habe ihm gegenüber aber betont, dass die Palästinenser an ihrem Antrag festhalten. Auf die ebenfalls ablehnende Haltung der Bundesregierung angesprochen, sagte Gysi: „Ich verstehe deren Vorsicht, aber ich finde sie falsch. Deutschland sollte zustimmen.”

15.44 Uhr: Bei einem israelischer Luftangriff auf den Gazastreifen ist offenbar ein ranghoher Führer der Extremistengruppe Islamischer Dschihad getötet worden. Der Angriff vom Montag galt einem Gebäudekomplex, in dem etliche örtliche und ausländische Medien untergebracht sind. Ein Mensch sei bei dem Angriff getötet und mehrere weitere verwundet worden, berichteten Rettungskräfte. Schwarzer Rauch stieg aus dem Hochhaus in Gaza aus.

15.07 Uhr: Die israelische Luftwaffe hat nach palästinensischen Angaben am Montag ein Hochhaus in Gaza angegriffen, in dem mehrere Medien ihre Büros haben. Das 14-stöckige Gebäude, in dem der Hamas-nahe Sender Al-Aksa-TV sowie Al-Arabija und der libanesische Sender MBC Büros hätten, sei mit Raketen angegriffen worden. Eine israelische Armeesprecherin sagte, man prüfe den Bericht.

14.26 Uhr: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist am Montagmittag zu einer zweitägigen Israel-Reise aufgebrochen. Er trifft sich noch am Montagabend mit seinem israelischen Kollegen Avigdor Lieberman. Weitere Gespräche mit israelischen Spitzenpolitikern, darunter Verteidigungsminister Ehud Barak und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sind für (den morgigen) Dienstag geplant. Zudem will Westerwelle auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas über eine mögliche Waffenpause diskutieren.

13.44 Uhr: Iran und Ägypten fordern die internationale Staatengemeinschaft auf, mehr Druck auf Israel auszuüben. Nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens vom Montag hat Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei einem Telefonat mit dem ägyptischen Staatsoberhaupt Mohammed Mursi vorgeschlagen, dafür einen gemeinsamen Plan auszuarbeiten.

12.44 Uhr: Israel ist nach den Worten eines Mitarbeiters von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zur Invasion im Gazastreifen bereit, bevorzugt aber eine diplomatische Lösung. Wenn eine Lösung am Verhandlungstisch der Bevölkerung in Süd-Israel den Frieden garantiere, sei eine Bodenoffensive unnötig, sagte der Netanjahu-Mitarbeiter. „Aber wenn die Diplomatie scheitert, gibt es wohl keine Alternative mehr zu einer Bodenoffensive.“

12.10 Uhr: Die radikalislamische Hamas will einem Waffenstillstand nur im Gegenzug zu Garantien aus Israel zustimmen. „Israel will zuerst einen Waffenstillstand und dann über Regelungen reden“, sagte ein Politbüromitglied der Palästinenserorganisation. „Doch wir lehnen das ab. Wir wollen wissen, wie der Waffenstillstand umgesetzt und wie er gesichert wird und dass Israel ihn respektiert.“ Der Vorsitzende des Politbüros der Hamas, Chaled Meschal, war am Montag bei politischen Gesprächen über die Gaza-Krise in Ägyptens Hauptstadt Kairo.

12.04 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat an Israelis und Palästinenser appelliert, einen Waffenstillstand zu vereinbaren. Ihre Sorge sei groß, weil jede Gewalteskalation die Lage in der Region noch gefährlicher mache, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Der Beschuss Israels aus dem Gazastreifen sei durch nichts zu rechtfertigen. Israel habe das Recht, seine Bürger zu schützen. Berlin fühle mit den leidgeprüften Israelis sowie den Unschuldigen im Gazastreifen, die Opfer „fanatischer Raketenbauer“ inmitten ihrer Wohngebiete seien. „Deswegen ist es so wichtig, jetzt schnellstmöglich einen vollständigen Waffenstillstand zu erreichen.“

11.39 Uhr: Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Israel im Konflikt mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen zur Zurückhaltung gemahnt. „Ich bin sehr besorgt über die Eskalation der Gewalt im Gazastreifen und in Israel“, sagte er am Montag in Brüssel vor Journalisten. Er bedauere den Verlust von Menschenleben. „Natürlich hat Israel das Recht auf Selbstverteidigung, und die Angriffe auf Israel müssen aufhören“, sagte Rasmussen. „Aber die internationale Gemeinschaft erwartet von Israel auch, Zurückhaltung zu zeigen.“

10.21 Uhr: Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu will inmitten israelischer Angriffe in den Gazastreifen reisen. Davutoglu werde am Dienstag mit einer Delegation der Arabischen Liga in das Palästinensergebiet fahren, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. Er hatte die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen in der vergangenen Woche als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet. Israel warf er vor, den Gazastreifen in ein Gefängnis verwandelt zu haben.

9.30 Uhr: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) reist noch am heutigen Montag in den Nahen Osten, um sich um ein Ende der Gewalt im Gazakonflikt zu bemühen. Am Abend trifft Westerwelle in Tel Aviv zunächst den israelischen Außenminister Avigdor Lieberman. Am Dienstag sind nach Angaben des Auswärtigen Amts Gespräche mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas und mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu geplant. Am Wochenende hatte Westerwelle die Lage in Gaza und Südisrael als extrem gefährlich bezeichnet und mit Abbas telefoniert. Die Außen- und Verteidigungsminister der EU beraten an diesem Montag in Brüssel unter anderem über den Gaza-Konflikt.

8.14 Uhr: Der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland, Shimon Stein, hat vor einer Bodenoffensive im Gazastreifen gewarnt. „Man weiß ja nur, wie man reingeht. Man weiß nie, wie man rausgeht“, sagte Stein am Montag im Deutschlandfunk. Es müsse alles getan werden, um eine Bodenoffensive der israelischen Armee in dem palästinensischen Gebiet zu vermeiden. Allerdings gebe es verschiedene Varianten von Operationen am Boden, gab er zu Bedenken. Dabei könnten beispielsweise lediglich begrenzt Ziele angegriffen werden. Um ein Ende der Gewalt zu erreichen, sei zunächst die Hamas gefordert, sagte er. Diese müsse den Beschuss von Orten in Israel einstellen. Die Ziele der Hamas seien unklar. Die Lage sei im Moment sehr undurchsichtig.

7.30 Uhr: Bei einem gezielten Luftangriff auf ein Auto im Gazastreifen sind am Montagmorgen nach palästinensischen Angaben drei Palästinenser getötet worden. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, das Fahrzeug sei bei Dir al-Balah angegriffen worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte in Tel Aviv, man prüfe den Bericht.

7.13 Uhr: Die israelische Armee hat in der Nacht zum Montag ihre heftigen Angriffe auf Ziele im Gazastreifen fortgesetzt. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, seit Beginn des Militäreinsatzes am Mittwoch seien mehr als 80 Palästinenser getötet und rund 700 weitere verletzt worden. In den israelischen Städten im Umkreis des Gazastreifens blieb es in der Nacht überwiegend ruhig. Am Morgen gab es jedoch in nahegelegenen Ortschaften wieder Luftalarm. Seit Mittwoch haben militante Palästinenser etwa 1000 Raketen auf Israel abgefeuert, drei Menschen sind getötet und Dutzende verletzt worden.

7.02 Uhr: Der israelische Vize-Außenminister Danny Ajalon sagte dem Zweiten Israelischen Fernsehen am Montag: „Unsere kategorische Forderung ist ein vollständiger Stopp der Raketenangriffe.“ Es müsse im Rahmen einer Waffenruhe auch dafür gesorgt werden, dass die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen sich nach Ende der Konfrontationen nicht wieder neu bewaffnen könne. Hamas fordert als Bedingung für eine Waffenruhe ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen und der gezielten Tötungen sowie eine Aufhebung der Blockade des Palästinensergebiets. Die Verhandlungen zwischen Hamas und Israel in Kairo hätten zwar Fortschritte gemacht, aber dennoch sei eine Feuerpause in den kommenden Tagen unwahrscheinlich, sagte nach Angaben von Maan der PLO-Politiker Nabil Schaath, der vom Hamas-Exilchef Chaled Maschaal unterrichtet worden war.

Israel unter dem Raketen-Schutzschirm

90 Sekunden nach dem Luftalarm in Tel Aviv gibt es einen lauten Knall. Es ist der dritte Tag in Folge, dass in Israels größter Stadt die Sirenen heulen, doch nie zuvor war die Explosion danach so deutlich zu hören. So paradox dies klingen mag: Die meisten der Bewohner, die an diesem Vormittag in Treppenhäusern Schutz vor den Raketen suchen, ahnen, dass das ein gutes Zeichen ist. Die Stimmung ist eine ganz andere als am ersten Tag des Alarms. Nach kurzer Anspannung werden Witze gerissen und Neuigkeiten ausgetauscht, dann verschwinden die Menschen wieder in ihren Wohnungen. "Einen schönen Tag noch", wünschen sie sich gegenseitig. Der Grund für die gelöste Stimmung heißt Iron Dome, Eiserne Kuppel - Israels neue Waffe im Kampf gegen Raketen aus Gaza.

Seit Sonnabendmorgen steht eine Batterie des Abwehrsystems im Süden der Großstadt. Nur wenige Stunden nachdem sie montiert wurde, zerstörte das System eine iranische Rakete vom Typ Fadschr-5. Gestern verhinderte Iron Dome erneut zwei Raketeneinschläge in Tel Aviv. Einer der Angriffe aus dem Gazastreifen wäre gänzlich spurlos an der Stadt vorbeigegangen, hätten nicht umherfliegende Raketensplitter ein Auto in Brand gesetzt.

Iron Dome ist das derzeit wohl modernste Raketenabfangsystem der Welt. Es besteht aus Radar, Kontrollzentrum und 20 Abfangraketen. Das Radar registriert den Start der Rakete, berechnet in Sekundenschnelle die Flugbahn und übermittelt die Informationen an das Kontrollzentrum, das den Einschlagsort bestimmt. Liegt dieser außerhalb bewohnter Gebiete, schickt das System keine Rakete. Das ist sinnvoll, denn jede Einzelne kostet mehr als 30 000 US-Dollar. Zudem erkennt das System genau, von wo aus die Rakete abgefeuert wurde. Schießen Hamas-Terroristen aus einem Hinterhof in Gaza-Stadt, nehmen israelische Kampfjets den Ort sofort unter Beschuss.

Die extrem manövrierfähigen Raketen des Iron Dome sind mit elf Kilogramm Sprengstoff bestückt und sollen Ziele in vier bis 70 Kilometer Entfernung treffen. Insgesamt decken sie ein 150 Quadratkilometer großes Gebiet ab. Im Jahr 2008 hat Israel Iron Dome erstmals getestet, im vergangenen Jahr bestand das System seine Feuertaufe: Am 7. April 2011 wurde es erstmals erfolgreich eingesetzt, als es eine im Gazastreifen abgefeuerte "Grad"-Rakete über Israel zerstörte. Fünf dieser mobilen Abschussrampen sind inzwischen in Israel im Einsatz, die meisten davon im Süden an der Grenze zum Gazastreifen. Feste Standorte gibt es nicht: Je nach Bedarf können sie innerhalb weniger Stunden ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden.

Wie effektiv das System in der Bekämpfung feindlicher Raketen ist, darüber gibt es keine exakten Zahlen. Schätzungen variieren zwischen 70 und 90 Prozent Trefferquote. Seit Beginn der jüngsten Gaza-Krise hat Iron Dome laut israelischer Armee 168 feindliche Raketen zerstört, 494 sind auf israelischem Staatsgebiet eingeschlagen. Immerhin, die meisten davon auf unbewohntem Gebiet. Absoluten Schutz bietet das System nicht: Erst vor wenigen Tagen starben in Kirijat Malachi drei Israelis durch eine Rakete aus dem Gazastreifen, die nicht abgefangen werden konnte. Sie schlug im obersten Stockwerk eines Mehrpersonenhauses ein und tötete die Mitglieder einer Familie.

Trotz solcher Rückschläge ist die israelische Militärführung von Iron Dome überzeugt. "Iron Dome hat sich als sehr effektiv herausgestellt", sagt auch Regierungschef Benjamin Netanjahu. "Wir werden das System in den kommenden Jahren noch erweitern." Bald sollen zwölf solcher Batterien vor Raketen-Angriffen schützen. Das Militär spricht bereits von einer Zeitenwende im Kampf gegen äußere Feinde.

"Die Israelis sind sehr stolz auf Iron Dome", sagt Arye Shalicar, Sprecher der israelischen Armee. "Erstens ist es ein vollständig in Israel entwickeltes System, zweitens gibt es ihnen ein Gefühl der Sicherheit. Die Situation ist nicht wie beim ersten Gaza-Krieg vor vier Jahren, damals gab es nicht einmal Sirenen." Trotzdem müsse man klar sagen, dass es keine hundertprozentigen Lösungen gebe: "Erst heute ist wieder eine Rakete neben einem Kindergarten gelandet." Dass es in Israel seit Beginn der Eskalation erst drei Tote gegeben hat, wertet Shalicar dennoch als Erfolg. Ohne Iron Dome, da ist er sicher, wäre alles viel schlimmer.

Wie sehr sich die Israelis über die von vielen als "Wunderwaffe" gepriesene Raketenabwehr freuen, ließ sich am Wochenende im Süden Tel Avivs beobachten. Als die Armee das System dort aufbaute, herrschte Volksfeststimmung. Dutzende Familien pilgerten herbei und bewirteten die Soldaten mit Essen und Getränken. "Du glaubst ja nicht, was hier los ist", teilte ein Mädchen ihrer Freundin angesichts des Massenauflaufs per Handy mit. "Man könnte denken, Bar Refaeli wäre hier - nackt", sagte sie in Anspielung auf das israelische Top-Model. "Das ist besser als die nackte Bar Refaeli", entgegnete ein anderer Anwohner. Die Soldaten reagierten belustigt: "Wir sind offenbar ein Ziel von Pilgern geworden."

Ursprünglich wollte das israelische Militär Iron Dome gar nicht haben: zu teuer, zu unsicher der Erfolg, unvereinbar mit der Militärstrategie, die eher auf Angriff ausgerichtet ist. Die Israelis haben es dem damaligen Verteidigungsminister Amir Peretz zu verdanken, dass sie nun besser geschützt sind. Gegen viel Widerstand und mit finanzieller Hilfe der USA setzte er Iron Dome durch. Washington beteiligte sich mit gut 70 Millionen US-Dollar an den Kosten. Eine Investition, die sich rechnen dürfte: Mehrere Staaten haben bereits Interesse an Iron Dome bekundet.