Brüssel vertagt die Entscheidung über mehr Frauen in Führungspositionen. Viele EU-Kommissare sind gegen die Quote.

Straßburg. Eine gesetzliche Frauenquote hat in Europa derzeit keine Chance. Die EU-Kommission konnte sich bei ihrer Sitzung gestern in Straßburg nicht auf einen Gesetzentwurf für eine EU-weit verbindliche Quote einigen. Das Thema wurde vertagt auf einen späteren Termin bis Ende November, schrieb EU-Justizkommissarin Viviane Reding auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Als neues Datum nannte ein Kommissionssprecher den 14. November. Nicht nur innerhalb der Behörde, sondern auch unter den EU-Staaten ist eine Frauenquote umstritten. Viele Länder, darunter Deutschland, lehnen gesetzliche Vorgaben ab.

Reding wollte für Aufsichtsräte großer Konzerne ab 2020 einen Frauenanteil von 40 Prozent gesetzlich vorschreiben. Dieses Ziel sollte für börsennotierte Konzerne gelten. Wenn sich Firmen nicht daran hielten, sollten Strafen drohen wie Bußgelder, Entzug staatlicher Subventionen oder Ausschluss von öffentlichen Wettbewerben. Auch auf Vorstandssesseln will die Luxemburgerin mehr Frauen sehen.

Laut Kommission sind derzeit europaweit nur 13,5 Prozent der Mitglieder in den Führungsgremien Frauen. In Deutschland sind 15,6 Prozent der Posten in den Aufsichtsräten mit Frauen besetzt, in den mächtigeren Vorständen gar nur 4,2 Prozent.

Nach Angaben von EU-Diplomaten waren viele EU-Kommissare gegen die Quote - im Vorfeld auch der deutsche Energiekommissar Günther Oettinger. Sie hätten rechtliche Probleme, Nachteile für Firmen und hohen Bürokratieaufwand befürchtet. Ein Vorschlag der EU-Kommission bedürfte der Zustimmung von EU-Staaten und Europaparlament. Neun Länder, darunter Großbritannien und die Niederlande, haben bereits schriftlich angekündigt, die Pläne im EU-Ministerrat zu blockieren. Auch Deutschland ist skeptisch. Weite Teile der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP sind geschlossen gegen eine Quote. Dafür setzt sich in der CDU etwa Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ein.

Am Streit um mehr Frauen in Führungspositionen ist auch die Berufung des Luxemburgers Yves Mersch ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) bisher gescheitert. Der Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlaments hatte Mersch abgelehnt - obwohl an dessen fachlicher Kompetenz als dienstältester Notenbankchef der Euro-Zone kaum Zweifel bestehen - und keine Frau derzeit für den Posten zur Verfügung steht. "Ja, ich muss leider bekennen, ich bin keine Frau", sagte Mersch.