Republikaner wollen von heute an den Kandidaten für die Präsidentenwahl nominieren. Doch nun zieht ein Sturm auf und bremst sie aus.

Tampa/Florida. Der Tropensturm „Isaac“ könnte die Pläne für den bereits verkürzten Parteitag der US-Republikaner in Florida weiter durcheinanderwirbeln. Die Organisatoren stellten am Sonntagabend (Ortszeit) das dreitägige Programm vor, auf dessen Höhepunkt Mitt Romney offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden soll. Sie wollten jedoch nicht darüber spekulieren, ob „Isaac“ weitere Verschiebungen erzwingen könnte.

+++"Isaac" steuert auf US-Golfküste zu - Notstand ausgerufen+++

„Wir machen weiter, aber wir werden schnell reagieren“, sagte der Vorsitzende des Nationalen Republikanischen Komitees, Reince Priebus. Die Republikaner sind seit dem verheerenden Hurrikan „Katrina“, der vor genau sieben Jahren die Region verwüstete, vorsichtig. Sie wollen auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass sie eine glamouröse Party feiern, während Sturmopfer um ihr Leben und Eigentum fürchten. „Wir beobachten das Wetter natürlich“, sagte Romneys Chefplaner Russ Schriefer. „Unsere Sorge gilt den Menschen im Sturmgebiet.

Mitt Romney, der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner, hat seit Wochen mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. Erst verpatzt er seine Europareise mit verbalen Ausrutschern. Dann treibt Präsident Barack Obama seinen Herausforderer wegen dessen geringen Steuerzahlungen vor sich her. Zu allem Überfluss faselt auch noch ein Parteifreund öffentlich darüber, dass Frauen bei Vergewaltigungen angeblich nicht wirklich schwanger werden können. Romneys Ansehen hat das zuletzt schwer zugesetzt.

+++Tropensturm bremst Romney: Parteitag wird verschoben+++

Das alles wollte er beim Republikaner-Parteitag, der heute in Tampa in Florida beginnt und bei dem er mit viel Pomp offiziell zum Kandidaten gekürt wird, hinter sich lassen. Mit einem Befreiungsschlag wollte Romney in die heiße Wahlkampfphase starten. Alle Bedenken, alle Negativschlagzeilen wegwischen. Doch ausgerechnet jetzt nähert sich Tropensturm "Isaac" Florida, der sich bis heute sogar noch zu einem Hurrikan auswachsen kann.

"Isaac" droht das sorgsam inszenierte Spektakel zu verhageln. Schon haben die Parteitagsstrategen die viertägige Jubelveranstaltung praktisch um einen Tag verkürzt. Zwar soll der Parteitag heute formell eröffnet werden, danach allerdings erst einmal auf Sparflamme laufen. Es soll keine größeren Reden geben und erst morgen richtig losgehen mit der Romney-Show - wenn "Isaac" das zulässt.

Doch selbst wenn der Sturm nicht direkt auf Tampa treffen sollte - die Auswirkungen dürften erheblich sein. Neben den 5000 Delegierten (samt Ersatzdelegierten) und 5000 Journalisten sollen Zehntausende weitere Gäste kommen. Alles in allem sind 50 000 Besucher angesagt. Das Tagungsgebäude steht direkt am Golf von Tampa, der TV-Sender CNN berichtete, womöglich müssten Brücken gesperrt werden, Flüge dürften massenhaft ausfallen. Ein Albtraum für die Organisatoren.

Auch ohne "Isaac": Romney steht beim Parteitag ein großer, ein schwieriger Test bevor. Die Aufgabe, die er vor sich hat, ist heikel. Zwar gelang es dem Multimillionär und Ex-Gouverneur bisher, seine Botschaft "Jobs, Jobs, Jobs" an den Mann zu bringen. Doch so richtig springt der Funke nicht über. Der Wahlkampf kommt nicht recht in Schwung. Romney vermag keine echte Begeisterung zu entfachen. Trotz aller Bemühungen hat der Kandidat nach wie vor mit einem Handicap zu kämpfen, das ihm bei den Wahlen im November den Sieg über Obama kosten könnte: Romney gilt als hölzern und langweilig, als Mann, der nicht gut mit den Leuten umgehen kann.

Bei moderaten Wählern schneidet der Vater von fünf Söhnen zwar gut ab, doch eingefleischte Konservative und religiös ausgerichtete Republikaner vermissen bei dem Mormonen feste Grundsätze und politische Standhaftigkeit. Romney gilt als "Flip-Flopper", als Mann, der sein Fähnchen nach dem Wind hängt. So setzte er als Gouverneur von Massachusetts eine Gesundheitsreform durch, die der späteren Reform von Obama ziemlich ähnelt. Doch heute stimmt Romney in den Chor der Republikaner ein, die "Obamacare" abschaffen wollen. Ähnlich flexibel verhält er sich in Sachen Umweltschutz und Abtreibung.

Nicht zuletzt um echte Begeisterung zu entfachen, hat Romney den jungen Paul Ryan zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten ernannt. Ein Schachzug, der nicht ohne Risiko ist. Der erzkonservative Ryan hat Charme, kann im Gegensatz zu Romney gut mit Menschen umgehen, löst Begeisterung aus. Romney muss aufpassen, dass der 42-Jährige ihm beim Parteitag nicht die Show stiehlt.

Parteitage in den USA sind anders als in Deutschland. Weniger Papier, weniger Programmdebatten - dafür mehr Luftballons, Konfetti, flotte Musik und emotionale Reden. Und natürlich alles zur Primetime, zur besten TV-Sendezeit. Die großen Auftritte der Matadoren sind daher in Tampa jeweils erst am Abend geplant - damit Millionen Amerikaner live dabei sind.

Normalerweise ist die Inszenierung perfekt, jeder Tag ist genau geplant. Doch diesmal ist alles anders. So hieß es zeitweise, Romneys offizielle Nominierung solle auf den Montag vorgezogen werden. Jetzt heißt es, der Dienstag sei ins Auge gefasst. Das ganze Programm gerät durcheinander. Doch der alles entscheidende Test steht Romney ohnehin erst am Donnerstag bevor. Am letzten Tag ist traditionell die eigentliche Krönungsmesse.

Dann will Romney seine große Nominierungsrede halten. "Isaac" dürfte sich dann bereits verzogen haben. Die große Frage ist, ob es Romney dann endlich gelingt, einen Sturm unter seinen Anhängern zu entfachen.

"Das ist echt eine große Sache", sagt der Journalist und Parteitagsveteran David Lightman. Die Frage ist: "Sind die Leute begeistert von Romney?" Gelingt dem Kandidaten ein großer Coup, dürften seine Umfragewerte in den Tagen danach deutlich anziehen. Allerdings: Schon eine Woche später steigt der Parteitag der Demokraten. Dann wärmt Obama die Herzen. Und nichts kann der Präsident besser, als die Gefühle der Menschen anzusprechen.