Panzer und Hubschrauber in der syrischen Hauptstadt. Kämpfe im Libanon und dem Grenzgebiet zum Irak. Zeugen berichten von Hinrichtungen.

Amman. Mit Unterstützung von Panzern und Hubschraubern hat die syrische Armee gestern den Süden von Damaskus angegriffen. Dabei wurden in zwei Stadtteilen nach Darstellung von Oppositionellen mindestens 40 Menschen getötet. Die Soldaten würden gezielt Jagd auf Männer machen, um sie hinzurichten. Bewohner sprachen vom schwersten Beschuss der Gegend in diesem Monat.

"Der Lärm des Bombardements erschüttert ganz Damaskus", sagte eine Frau in Kfar Suse, einem der angegriffenen Stadtteile. In ihrem Viertel wurden Angaben der Opposition zufolge mindestens 22 Menschen getötet, in einem Nachbargebiet 18. Die Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad gingen offenbar in großer Zahl vor. "Jetzt sind 22 Panzer in Kfar Suse und hinter jedem stehen mindestens 30 Soldaten. Sie stürmen Häuser und richten Männer hin", sagte ein Oppositioneller, der sich Bassam nannte.

Andere Assad-Gegner berichteten, Soldaten hätten einen mit dem Volksaufstand sympathisierenden Journalisten aus nächster Nähe erschossen. In der südwestlich von Damaskus gelegenen Vorstadt Muadamija hätten Soldaten seit Dienstag 86 Menschen getötet, die Hälfte davon gezielt. Nach Angaben der Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte kamen allein am Dienstag landesweit mehr als 250 Menschen ums Leben, darunter 171 Zivilisten. Auch in der Millionenstadt Aleppo war gestern im Minutentakt das Feuer aus Gewehren und der Einschlag von Granaten zu hören. Das staatliche Fernsehen meldete, die Soldaten bekämpften die "Überbleibsel der bewaffneten Terrorbanden".

Kämpfe wurden auch aus dem Libanon und dem Grenzgebiet zum Irak gemeldet, wo Soldaten und Rebellen um einen Kontrollpunkt kämpften. Im libanesischen Tripoli dauerten die Kämpfe zwischen Sunniten und Assads alawitischen Glaubensbrüdern bis gestern Abend an. Dabei wurden Sanitätern zufolge mindestens zehn Menschen getötet und 100 andere verletzt. Einwohner sprachen von den schwersten Auseinandersetzungen seit dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1991.

+++ USA und Türkei beraten über Syrienkonflikt +++

Die russische Zeitung "Kommersant" berichtete unter Berufung auf einen ungenannten Mitarbeiter des Außenministeriums, die Regierung in Damaskus wolle ihre Chemiewaffen nicht einsetzten. Sie habe in einem "vertraulichen Dialog" zudem versichert, in der Lage zu sein, das Arsenal sicher zu verwahren. Der Informant sagte dem Blatt, Russland halte es für vollkommen glaubwürdig, dass die USA ihre Drohung mit einem Militäreinsatz wahr machten, sollte Syrien die Massenvernichtungswaffen einsetzen. Das Ministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Bericht äußern.

Einem westlichen Diplomaten zufolge war Assad noch vor Kurzem zu einem Angriff mit Massenvernichtungswaffen auf Aufständische bereit, wurde aber von seinem wichtigen Verbündeten Russland davon abgehalten.

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf Äußerungen aus der syrischen Regierung, Baschar al-Assads Rücktritt sei verhandelbar. Diese Äußerungen seien in ähnlicher Form bereits von verschiedenen nachgeordneten Mitgliedern der syrischen Regierung gemacht worden.

Mit Material von rtr