Präsident Mursi entlässt Geheimdienstchef. Versorgungsprobleme im Gazastreifen. Grenze und Tunnel zum Gazastreifen gesperrt.

El Arisch/Gaza. Beim ersten ägyptischen Luftangriff auf der Sinai-Halbinsel seit dem Krieg gegen Israel 1973 sind arabischen Medien zufolge mehr als 20 Extremisten getötet worden. Der Einsatz am Mittwoch sei Teil einer Operation zur Wiederherstellung der Kontrolle nach der Tötung von 16 Grenzsoldaten am Wochenende gewesen, erklärten die Streitkräfte in Kairo. Präsident Mohammed Mursi leitete einen personellen Umbau an der Spitze der Sicherheitskräfte des Landes ein und entließ unter anderem seinen Geheimdienstchef und den Gouverneur des nördlichen Teils der Sinai-Halbinsel.

Kurz vor dem Angriff am Sonntag hatte Israel vor einer geplanten Aktion mutmaßlicher Extremisten gewarnt. Der von Mursi entlassene Geheimdienstchef Murad Muwafi räumte laut ägyptischen Medien am Mittwoch ein, von den Warnungen gewusst zu haben. Er habe aber nicht geglaubt, dass Muslime andere Muslime während des Fastenbrechens am Abend angreifen könnten, wurde Muwafi zitiert.

Mursi entließ am Mittwoch auch den Kommandeur der Präsidentengarde und ernannte einen neuen Sicherheitschef für die Hauptstadt Kairo sowie einen neuen Leiter der Polizeieinheit für Zentrale Sicherheit, die oft bei der Bekämpfung von Ausschreitungen eingesetzt wird. Außerdem forderte das Staatsoberhaupt Verteidigungsminister Hussein Tantawi auf, den Kommandeur der Militärpolizei auszutauschen. Die Einheit war seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak vor 18 Monaten besonders häufig zum Einsatz gekommen.

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Augenzeugen berichteten am Mittwoch, ägyptische Kampfhubschrauber hätten nahe der Grenze zum Gazastreifen Raketen auf mutmaßliche Islamisten abgefeuert. In einer im Fernsehen verlesenen Mitteilung des Militärs hieß es, ein gemeinsamer Einsatz von Polizei und Streitkräften diene dazu, „in der Region Stabilität wiederherzustellen und Kontrolle wiederzugewinnen“. Der Fernsehsender Al Dschasira berichtete unter Berufung auf die staatliche Nachrichtenwebsite Ahram, es seien mehr als 20 Menschen getötet worden.

Am Sonntag waren 16 ägyptische Soldaten an der Grenze zu Israel und dem Gazastreifen ums Leben gekommen, als vermummte Attentäter dort Grenzposten angriffen. In der Nacht zum Mittwoch kam es erneut zu Angriffen auf Checkpoints im Norden des Sinais. Die dortige Grenze zum Gazastreifen, über die die Versorgung des Palästinensergebiets überwiegend abgewickelt wird, ist derzeit gesperrt.

Schmuggler sagten, die Preise im Gazastreifen seien in den letzten Tagen um 40 bis 60 Prozent gestiegen. Ägypten hatte auch hunderte bekannte Schmugglertunnel zwischen dem Sinai und dem Gazastreifen geschlossen. Ein Gesundheitsbeamter im Gazastreifen sagte, hunderte Patienten könnten derzeit für ihre medizinische Behandlung nicht nach Ägypten gelangen.

Israel vermutet, dass Kräfte aus dem Gazastreifen an den Angriffen auf die Grenzposten beteiligt waren, und fordert, die Grenze strenger zu kontrollieren. Dies ist innenpolitisch in Kairo umstritten. US-Außenministerin Hillary Clinton bot Ägypten am Dienstag Hilfe bei der Terrorabwehr an. Seit dem Sturz Mubaraks kursieren auf der Sinai-Halbinsel immer wieder Flugblätter, auf denen ein Abzug der Streitkräfte und die Gründung eines islamischen Staats gefordert werden.

Mit Material von dapd