Peking fürchtet Rache an Touristen durch Exil-Uiguren, deren Weltkongress in Bayerns Landeshauptstadt seinen Sitz hat.

Peking. Peking hat Chinas Öffentlichkeit darauf vorbereitet, dass seine Truppen auch nach der äußerlichen Beruhigung der Lage in Urumqi in allen großen Städten der Provinz Xinjiangs als "Puffer" zwischen stationiert bleiben. Die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua zitierte Stimmen von Geschäftsleuten, Schulleitern bis zu Vorstehern der Moscheen, dass die "sichtbare Präsenz von Patrouillen bewaffneter Polizei" für längere Zeit nötig sei.

Urumqis Sicherheitsämter verhängten für den gesamten Sonntag strikte Verbote aller Zusammenkünfte, gemeinsamen Märsche oder Demonstrationen für die Bürger der Stadt. Die Behörden wollten damit erneute Unruhen zwischen den Uiguren (ethnische Minderheit in China) und Han-Chinesen (Bevölkerungsmehrheit in der Volksrepublik) unterbinden. Eine Woche nach dem Ausbruch der blutigen Ausschreitungen gedachten Angehörige der Toten. Bei den pogromartigen Ausschreitungen vor allem gegen Han-Chinesen starben vergangenen Sonntag 137 Han-Angehörige, aber auch 46 Uiguren. 1680 Menschen wurden verletzt, einige so schwer, dass sie noch in Lebensgefahr schweben.

Die Provinzregierung hat den Angehörigen "unschuldiger Opfer" ohne Unterscheidung nach Nationalität und Ethnie pro Toten 200 000 Yuan (21 000 Euro) Schmerzens- und 10 000 Yuan Begräbnisgeld zugesagt.

Inzwischen befürchtet Peking, dass die Wellen der ethnischen Unruhen bis ins Ausland ausschlagen und Proteste gegen chinesische Touristen provozieren. Erste Übergriffe auf chinesische Konsulate in München und in den Niederlanden haben diese Sorgen geweckt. Chinas Presse veröffentlichte einen Aufruf der Nationalen Tourismusbehörde. Darin werden die Besucher der bayerischen Metropole gebeten, vorsichtig zu sein.

Hintergrund ist, dass sich der Sitz des exil-uigurischen Weltkongresses in München befindet. Auf dem Marienplatz der Landeshauptstadtwar eine chinesische Besuchergruppe mit einer Solidaritätsdemonstration von Exil-Uiguren konfrontiert und bedroht worden. Chinas Außenministerium habe darauf die Bundesregierung aufgefordert, "in effektiver Weise, Leben und Besitz chinesischer Bürger in Deutschland zu schützen".

Peking hat in den vergangenen Tagen weitere Truppen nach Xinjiang geschickt. Aus Kashgar wurden westliche Journalisten, darunter auch ein ARD-Team, ausgewiesen.

Urumqis Stadt-Parteichef Li Zhi machte erneut äußere Feinde für die Unruhen verantwortlich. Viele Aufrührer seien zu den Unruhen von weit entfernten Städten wie Kashgar und Hotan in die Provinzhauptstadt gekommen.

Chinas Staatspresse setzte ihre Propaganda-Kampagne gegen angeblich tendenziöse Berichte der westlichen Presse fort. Scharf wurde das "Wall Street Journal" attackiert, weil es einen Aufsatz der zur Staatsfeindin erklärten Exil-Uiguren-Präsidentin Rebiya Kadeer abgedruckt hatte. Sie hatte Chinas Minderheitenpolitik für die blutige Tragödie verantwortlich gemacht.