Staatspräsident Hu droht mit der Todesstrafe für die Rädelsführer der Unruhen. Für China ist die Provinz strategisch wichtig und politisch brisant wie Tibet.

Urumtschi/Peking. Wenige Tage nach den Unruhen mit mehr als 150 Toten demonstriert die chinesische Führung in der Provinz Xingjiang militärische Stärke: Durch die Straßen der Hauptstadt Urumtschi rollten am Donnerstag gepanzerte Fahrzeuge mit Tausenden Soldaten. Mit Gewehren in den Händen und in Kampfausrüstung skandierten sie Propaganda-Parolen. Die Militärkolonne zog sich mehrere Kilometer durch die Stadt.

Nur wenige Meter über den Dächern des uigurischen Viertels dröhnten Hubschrauber, die Flugblätter abwarfen. Der chinesische Präsident Hu Jintao erklärte, die Aufrechterhaltung der Stabilität in der Provinz sei die wichtigste Aufgabe. Wegen der Unruhen hatte er den G8-Gipfel in Italien noch vor Beginn verlassen. Am Wochenende war es in Xingjiang zu den schwersten Zusammenstößen zwischen Han-Chinesen und muslimischen Uiguren seit Jahrzehnten gekommen. Der Weltkongress der Uiguren sprach sogar von 600 bis 800 Toten. Die Han-Chinesen jubelten den Soldaten am Donnerstag begeistert zu.

Die Uiguren, die die Bevölkerungsminderheit stellen, betrachteten den Militäraufmarsch mit angespannten Gesichtern. „Das hier macht mir Angst, und das ist vermutlich auch Sinn und Zweck der Aktion“, sagte eine Uigurin. „Was kann man gegen so viele Soldaten ausrichten?“ Politische Beobachter sahen den Aufmarsch als logische Konsequenz aus den Ereignissen. China könne es sich nicht erlauben, den Einfluss auf die erdöl- und erdgasreiche Region zu verlieren. „Sie müssen Gewalt einsetzen, damit die Lage nicht außer Kontrolle gerät“, sagte Bo Zhiyue vom Ostasien-Institut der Nationalen Universität in Singapur.

Die kommunistische Führung hatte damit gedroht, die Todesstrafe gegen die Rädelsführer der Unruhen zu verhängen. Sie wirft den Uiguren vor, die Gewalt geschürt zu haben. Die Todesstrafe wird in China relativ häufig angewandt, unter anderem auch bei Wirtschaftsvergehen.

Hu bezeichnete die Unruhen im staatlichen Fernsehen als gewaltsames Verbrechen, das von Extremisten, Separatisten und Terroristen geplant worden sei. Das chinesische Außenministerium wies die Forderung der Türkei zurück, der Uno-Sicherheitsrat solle mit der Entwicklung in Xingjiang befassen. Es handele sich um eine interne Angelegenheit, sagte ein Sprecher.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die chinesische Regierung auf, sich so schnell wie möglich mit Menschenrechtsverletzungen in Xingjiang zu befassen. Die Uiguren beklagen ihre kulturelle und religiöse Unterdrückung und fühlen sich auch wirtschaftlich gegenüber den Han-Chinesen benachteiligt.

Zusammen mit Tibet ist Xingjiang eines der politisch sensibelsten Gebiete in China. Mit Grenzen zu Russland, der Mongolei, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Afghanistan, Pakistan und Indien verfügt es über eine strategisch wichtige Lage.