Hunderte Millionen Menschen drohen die Lebensgrundlagen zu verlieren. Der CO2-Ausstoß und die Erderwärmung führen zum Steigen des Meeresspiegels, zu Unwettern und Dürren.

Bonn. In einem eindringlichen Appell haben Klimaforscher vor den verheerenden Auswirkungen der Erderwärmung in den kommenden Jahrzehnten gewarnt. Bis Mitte des Jahrhunderts werden demnach Hunderte Millionen Menschen wegen Dürren, Überflutungen, Unwetterkatastrophen und des steigenden Meeresspiegels ihre Lebensgrundlage verlieren, hieß es in einem Bericht internationaler Wissenschaftler. Die dadurch ausgelösten Wanderungsbewegungen könnten alle bisher bekannten Dimensionen weit übersteigen.

Zwar lasse sich der Klimawandel kaum klar von anderen Problemen wie politischen Wirren, Wirtschaftskrisen, Umweltzerstörung und Bevölkerungswachstum trennen, betonen die Wissenschaftler der Universität der Vereinten Nationen, der Columbia Universität und der Hilfsorganisation Care International. Aber bei der Ausprägung all dieser Probleme spiele die Erderwärmung eine entscheidende Rolle. "Das Klima ist die Hülle, in der wir alle unser tägliches Leben führen“, sagt Alexander de Sherbinin von der Columbia Universität in New York. "Normalerweise stufen wir die Armen als jene ein, die am meisten leiden werden, aber möglicherweise werden die reichen Gesellschaften ebenso verlieren. Dieser Bericht lässt Alarmglocken läuten.“

Vor allem der Zusammenbruch verschiedener Ökosysteme werde Menschen aus ihrer Heimat vertreiben. So prognostizieren manche Klimamodelle etwa für Teile Mittelamerikas bis zum Jahr 2080 nur noch die Hälfte der derzeitigen Regenmenge. Der steigende Meeresspiegel bedroht die Existenz von rund 40 Ländern. Nicht nur viele intensiv bewirtschaftete Regionen wie Teile der Deltas von Nil, Mekong oder Ganges werden in den Fluten versinken. Einsickerndes Salzwasser dürfte noch größere Landstriche unfruchtbar machen.

"In diesem nur allzu wahrscheinlichen Szenario würden große Populationen dazu gezwungen, zum nackten Überleben abzuwandern“, heißt es in einer Erklärung von Care International. Bis Mitte des Jahrhunderts werden Studien zufolge bis zu 700 Millionen Menschen nach einer neuen Heimat suchen. Angesichts dieser gewaltigen Bedrohung müsse die Staatengemeinschaft dringend eine Einigung erzielen, um den Ausstoß der Treibhausgase zu senken, heißt es in dem Bericht weiter. Aber selbst dann ließen sich viele Folgen nicht mehr aufhalten, sondern nur noch begrenzen.

Auch die Hilfsorganisation Oxfam forderte eine massive Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen insbesondere in den Industrieländern. Etwa die Hälfte dieser Reduzierung müssten die Industriestaaten bei sich zuhause erbringen. Für die andere Hälfte der weltweit nötigen Emissionsreduktionen schlägt Oxfam einen globalen Finanzmechanismus vor, der die armen Länder bei klimafreundlicher Entwicklung unterstützt – finanziert durch den Verkauf von Emissionszertifikaten.