Diplomatische Verbindungen werden gekappt, die Sanktionen noch einmal verschärft. Ein Vorzeichen für einen bevorstehenden Angriff?

London/Berlin. Die neue diplomatische Eiszeit zwischen dem Iran und dem Westen begann mit einer abgestimmten Aktion: Als Konsequenz aus der Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran wies zunächst Großbritannien alle Diplomaten und Mitarbeiter der iranischen Botschaft in London aus. Dann beorderten Deutschland und die Niederlande ihre Botschafter zurück - aus Sicherheitsgründen oder nur zur Information? Und schließlich ließ gestern Abend der Élysée-Palast in Paris wissen: Auch Frankreich will seinen Botschafter zurückrufen. "Angesichts dieses offenkundigen und inakzeptablen Verstoßes gegen das Wiener Übereinkommen zu diplomatischen Beziehungen und der Schwere der Gewalt" sei Frankreich zum Handeln veranlasst worden, hieß es. Präsident Nicolas Sarkozy erklärte nach Angaben einer Regierungssprecherin, die internationale Gemeinschaft müsse in Reaktion auf den Angriff schwere Sanktionen gegen Teheran verhängen.

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+++ Oslo macht Botschaft in Teheran dicht +++

In der Schweizer Hauptstadt Bern griffen am Abend zwei junge Männer die iranische Botschaft mit Brandsätzen und Steinen an. Am Gebäude entstand nach Polizeiangaben kein Sachschaden. Die Angreifer wurden vorübergehend festgenommen.

Damit eskaliert der Streit zwischen dem Iran und dem Westen über das Atomprogramm des Mullah-Regimes. Der Westen und Israel fürchten eine atomare Aufrüstung. Der Iran beteuert, nur zivile Zwecke mit der Kernenergie zu verfolgen. Doch in Israel gibt es Überlegungen für einen Erstschlag gegen die mutmaßlichen Atombombenfabriken. Seit Wochen diskutiert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit seinem Kabinett und den Verbündeten einen Angriff. Das macht den Abzug der westlichen Diplomaten so brisant.

Der Uno-Sicherheitsrat verurteilte die Angriffe auf die Botschaft. Die Führung in Teheran reagierte unversöhnlich. Sie verwies britische Diplomaten des Landes und warnte den Westen vor einem Militärschlag. Zuvor hatte der britische Außenminister William Hague einen Militärschlag nicht grundsätzlich ausgeschlossen: "Natürlich bleiben alle Optionen auf dem Tisch, aber ich betone, dass wir militärisches Handeln nicht fordern."

Rund 200 Demonstranten hatten am Dienstag nach eigenen Angaben aus Wut über die Sanktionen gegen den Iran und den Tod eines Atomwissenschaftlers die Botschaft gestürmt. Sie warfen dem britischen Botschaftspersonal Spionage vor. "Wenn ein Land es uns unmöglich macht, auf seinem Boden zu operieren, dann kann es auch nicht erwarten, bei uns eine funktionierende Botschaft haben zu können", sagte der britische Außenminister Hague. Mit dem Abzug der Mitarbeiter aus Teheran breche die Regierung die diplomatischen Beziehungen zum Iran zwar nicht ab, schraube sie aber auf ein Minimum herunter, erklärte Hague. Die Demonstranten hätten zu einer Gruppe gehört, die "von Elementen des iranischen Regimes kontrolliert" werde. Es sei "wirklichkeitsfremd" zu glauben, dass die Angriffe ohne irgendeine Form der Zustimmung durch Irans Regime hätten stattfinden können. "Keine Schwierigkeit in der Beziehung zueinander kann jemals als Entschuldigung dienen, diplomatisches Personal und Gelände nicht zu schützen."

Außenminister Guido Westerwelle hat nicht nur den deutschen Botschafter aus dem Iran zurückgerufen, sondern auch den iranischen Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt. In dem Gespräch habe Staatssekretärin Emily Haber deutlich gemacht, dass der Sturm auf die Botschaft und weitere ausländische Einrichtungen eine große Verletzung des Völkerrechts darstelle, hieß es. Die Ereignisse stellten leider nicht zum ersten Mal die Bereitschaft der iranischen Führung in Zweifel, internationales Recht zu achten.

Auch die Niederlande zogen ihren Botschafter aus dem Iran ab. Norwegen hält seine Botschaft in Teheran weiter geschlossen. Russland hat die Erstürmung der britischen Botschaft scharf verurteilt. Jeder Angriff auf eine ausländische Vertretung sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Russland verurteile die Gewalt gegen Diplomaten und rufe den Iran auf, die "inakzeptablen Angriffe" zu unterbinden. "Wir unterstützen hier Großbritannien." Neue Sanktionen gegen den Iran lehne Russland aber weiter ab, hieß es. Im Streit über das Atomprogramm sei noch Raum für Verhandlungen, betonte das Außenamt in Moskau.

Das iranische Regime hat die Entscheidung Großbritanniens, alle iranischen Diplomaten auszuweisen, als überhastet bezeichnet. Teheran bedauere den Schritt Londons, sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast. Er nannte die Erstürmung der britischen Botschaft durch Studenten eine unvorhersehbare Aktion einiger wütender Demonstranten.