Die Rebellenhochburg Rastan ist offiziell wieder in den Händen der syrischen Regierung Assads. Die Opposition bildet einen Nationalrat.

Beirut/Damaskus/Istanbul. Nach fünftägigen Kämpfen hat die syrische Armee nach Angaben staatlicher Medien die Ortschaft Al-Rastan, eine Hochburg des Widerstandes, zurückerobert. Die Ortschaft in der Provinz Homs sei nun wieder unter Kontrolle der Sicherheitskräfte, eine große Zahl bewaffneter Regimegegner getötet, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Sonntag. Die syrische Opposition bildete in Istanbul einen Nationalrat. Er soll die Revolte gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad steuern.

Nach den Kämpfen in Al-Rastan sprachen Regimegegner von einem „Massaker“. Dort hatte sich eine große Zahl von Deserteuren verschanzt. In Videos, die sie im Internet veröffentlicht hatten, sagten die Deserteure, sie hätten den Befehl verweigert, auf Zivilisten zu schießen.

+++ Syrische Truppen erobern Hochburg der Deserteure mit 250 Panzern +++

Unterstützt von etwa 250 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen hatten syrische Truppen die schwer umkämpfte Ortschaft am Samstag gestürmt. "Die Stadt ist fast vollständig durch den Beschuss zerstört“, berichteten Oppositionelle im benachbarten Libanon. Mindestens 15 Deserteure seien in den Kämpfen ums Leben gekommen, mehr als 80 verwundet worden.

Der in Istanbul gegründete Nationalrat soll zunächst von dem Sorbonne-Professor Burhan Ghalijun geleitet werden und die Protestbewegung auf internationaler Ebene vertreten. Ghaljun sagte am Sonntag in einer Ansprache, die von arabischen TV-Sendern übertragen wurde: "Uns geht es darum, eine gemeinsame Front zu bilden, um den Massakern, die täglich begangen werden, etwas entgegenzusetzen.“ Die syrischen Demonstranten benötigten den Schutz der internationalen Gemeinschaft.

Seit Beginn der Protestwelle im vergangenen März hatten sich schon mehrere "Übergangsräte“ gebildet, die jedoch nicht von allen Oppositionsgruppen anerkannt wurden. Angesichts der zunehmenden Gewalt in Syrien rauften sich die verschiedenen Gruppen, die vom liberalen Flügel bis zu den Islamisten reichen, jetzt zusammen. Auch die in Syrien verbotene Muslimbruderschaft gehört dem neuen Rat an.

Die syrische Opposition glaubt, dass seit Beginn der Proteste gegen das Regime im März bereits mehr als 3000 Menschen getötet wurden. 90 Menschen sollen angeblich zu Tode gefoltert worden sein. Einige dieser Fälle wurden mit Fotos dokumentiert. Eine Überprüfung dieser Informationen ist wegen der Medienblockade in Syrien oft nicht möglich.

Menschenrechtler riefen die syrische Führung auf, einen von den Sicherheitskräften gefolterten Studenten freizulassen. Er habe Verletzungen am Kopf und schwebe in Lebensgefahr, teilte die in London ansässige Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter am Sonnabend mit.

Der 23-jährige Anas al-Schoghri (23) sei am 14. Mai in der Stadt Banias festgenommen worden. Ein Bruder des jungen Mannes habe nun erfahren, dass er vor einigen Tagen in ein Gebäude des Geheimdienstes (Abteilung Innere Sicherheit) in Damaskus verlegt worden sei. Dort habe man ihn schwer gefoltert. Die Organisation erklärte, der Student sei der erste Demonstrant in Banias gewesen, der "die Angst (vor dem Regime) überwunden hatte“.

(dpa/abendblatt.de)