Ermittlungen wegen Vergewaltigung gehen weiter

Paris. Für die Fans von Dominique Strauss-Kahn gibt es vorerst noch keinen Grund, den Champagner zu öffnen. Wer auf eine baldige Rückkehr des sozialistischen Politikers nach Frankreich und dessen Eintritt ins Präsidentenrennen gehofft hatte, sah sich enttäuscht: In New York ließ das Büro des zuständigen Staatsanwaltes Cyrus Vance jr. nach einem Treffen mit den Anwälten Strauss-Kahns mitteilen, man habe nicht die Absicht, die Ermittlungen gegen den einstigen Direktor des Internationalen Währungsfonds einzustellen.

Strauss-Kahn wird in New York vorgeworfen, Mitte Mai das Zimmermädchen Nafissatou Diallo im Hotel Sofitel vergewaltigt zu haben. Nachdem der Staatsanwalt Ende vergangener Woche eingestanden hatte, dass es "Probleme mit der Glaubwürdigkeit" des mutmaßlichen Opfers gebe, hatten verschiedene Medien bereits spekuliert, Vance könne von der Anklageerhebung absehen, da er sich nicht dem Risiko aussetzen wolle, einen derart aufsehenerregenden Fall zu verlieren. Nun gehen die Ermittlungen aber erst einmal weiter. Der nächste Anhörungstermin ist für den 18. Juli geplant.

Benjamin Brafman, einer der Anwälte Strauss-Kahns, sagte nach dem Treffen mit der Staatsanwaltschaft nur, es sei "konstruktiv" gewesen. Es gibt die Vermutung, dass Vance den Anwälten Strauss-Kahns angeboten haben könnte, das Verfahren einzustellen, wenn sich Strauss-Kahn in einem weniger gravierenden Anklagepunkt schuldig bekennt. Ein solcher Deal würde Vance erlauben, mit halbwegs erhobenem Kopf aus einem für die Staatsanwaltschaft derzeit wenig Erfolg versprechenden Verfahren herauszukommen. Strauss-Kahns zweiter Anwalt, William Taylor, sagte jedoch, sein Mandant werde sich "in keinem Punkte schuldig erklären".

Der Anwalt des mutmaßlichen Opfers, Kenneth Thompson, hat unterdessen in einem Brief scharfe Kritik an Vance jr. geübt und ihn aufgefordert, den Fall einem Sonderermittler zu übergeben. Vance' Büro sei dafür verantwortlich, dass diverse amerikanische Medien seit Ende vergangener Woche mit irreführenden Informationen über die Klägerin versorgt würden. Die "New York Times" und das Boulevard-Blatt "New York Post" haben Informationen zusammengetragen, die die 32-Jährige in ein zweifelhaftes Licht rücken. Man sagt ihr Nähe zu Drogenhandel, Geldwäsche und Prostitution nach. Ein Telefongespräch, das seine Mandantin mit ihrem Mann im Gefängnis geführt hatte, sei zudem mangelhaft übersetzt worden.

Dass ein Staatsanwalt einen Fall in diesem Stadium einem Sonderermittler übergibt, ist höchst ungewöhnlich. So etwas geschieht allenfalls bei einem Interessenkonflikt. Cyrus Vance jr. wies die Forderung Thompsons denn auch umgehend zurück.