Kontaktgruppe will kommende Woche in Katar nach diplomatischen Lösungen für den Konflikt suchen. Al-Qaida nutzt Chaos in Libyen aus.

London/Algier/Washington. Die Libyen-Kontaktgruppe wird sich kommende Woche im Golfemirat Katar treffen. „Das erste Treffen der Kontaktgruppe zu Libyen, das auf der Londoner Konferenz vergangene Woche beschlossen wurde, wird nächste Woche in Doha stattfinden“, sagte der britische Außenminister William Hague am Montag im Parlament in London. Das Außenministerium konnte auf Nachfrage keine weiteren Angaben machen.

Die Gruppe, deren Einrichtung in der vergangenen Woche auf der internationalen Libyen-Konferenz in London beschlossen worden war, soll die politischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts in Libyen leiten und sich eng mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz abstimmen. Zudem ist sie zuständig für Kontakte mit den libyschen Konflikt-Parteien.

Al-Qaida beschafft sich Waffen in Libyen

Die Al-Qaida nutzt nach Angaben aus algerischen Sicherheitskreisen das Chaos in Libyen, um sich hochwertige Waffen zu beschaffen. Darunter seien auch Flugabwehrraketen des Typs SAM-7, die von der Schulter aus abgefeuert werden können, sagte ein Sicherheitsbeamter, der namentlich nicht genannt werden wollte, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Vor einigen Tagen sei ein Konvoi von acht Kleinlastern aus Ost-Libyen über den Chad und Niger nach Nord-Mali gefahren. „Und wir wissen, dass das nicht der erste Konvoi ist“, sagte der Beamte.

Die Pick-Up-Trucks hätten unter anderem panzerbrechende Granaten, schwere Maschinengewehre, Sturmgewehre, Sprengstoff und Munition befördert, hieß es weiter. Bekannt sei auch, dass die Islamisten im Besitz der Flugabwehrraketen seien. Die zum Teil in Russland hergestellten Waffen stammten aus Libyen, wo mehrere Kasernen und Waffenlager geplündert worden seien. Es sei undenkbar, dass die Vertreter der nordafrikanischen Al-Qaida-Gruppe AQIM vor Ort „diese Gelegenheit nicht genutzt haben“. Die Gruppe verfüge über exzellente Verbindungen zu den örtlichen Schmugglern. Diese überquerten nach Belieben die südlibysche Grenze. „Sie werden wahrscheinlich von der AQIM den Auftrag bekommen, die Waffen herbeizuschaffen.“

Algerien kämpft seit fast zwei Jahrzehnten gegen radikale Islamisten, die sich in den vergangenen Jahren zur Al-Qaida bekennen. Die Sicherheitskräfte des Landes überwachen auch die Aktivitäten radikaler Muslime außerhalb Algeriens.

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Die Rebellion der Söhne Gaddafis

Zwei Söhne von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi haben einem Zeitungsbericht zufolge einen Übergang des Landes zur Demokratie angeboten, der auch Gaddafis Machtverzicht beinhalten würde. Der Übergangsprozess solle von Gaddafis Sohn Seif el Islam Gaddafi angeführt werden, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf einen in den Plan eingeweihten Diplomaten und einen libyschen Vertreter. Der Plan werde auch von Gaddafis Sohn Saadi Gaddafi unterstützt. Unklar war dem Bericht zufolge, ob Libyens Machthaber selbst den Plan aktiv unterstützt. Aus dem Umfeld seiner Söhne verlautete laut „NYT“ jedoch, der 68-Jährige sei bereit, sich dem Vorhaben zu fügen.

Die beiden Gaddafi-Söhne wollten ohne ihren Vater „auf einen Wandel des Landes“ hinarbeiten, zitierte die britische „NYT“ eine Quelle aus dem Umfeld von Seif und Saadi el Gaddafi. Wenn die beiden grünes Licht bekämen, würden sie „das Land schnell erneuern“.

Nach Einschätzung der Zeitung könnte der Vorstoß der beiden Gaddafi-Söhne seit langem bestehende Differenzen mit ihren Brüdern widerspiegeln. Während Seif el Islam und Saadi el Gaddafi zu westlichen Wirtschaftsformen und einer politischen Öffnung Libyens tendierten, seien Gaddafis Söhne Chamis und Mutassim als Hardliner einzustufen. Chamis el Gaddafi steht demnach einer regierungstreuen Miliz vor. Der nationale Sicherheitsberater Mutassim sei ein Rivale von Seif bei der Nachfolge von Muammar el Gaddafi.

Parallel zu den erbitterten Kämpfen in Libyen gehen die diplomatischen Bemühungen um eine friedlich Lösung der Krise weiter. Ein Vertrauter des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Vize-Außenminister Abdul Latif al-Obeidi, reiste am Sonntag zu Gesprächen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou nach Athen. Das Treffen finde auf Wunsch der libyschen Seite statt. Nach Einschätzung des griechischen Außenministers Dimitris Droutsas ist das Gaddafi-Regime ist um eine Lösung des Konflikts bemüht. Papandreou habe dem Gaddafi-Vertrauten gesagt, die Beschlüsse der Vereinten Nationen müssten respektiert und in ihrer Gesamtheit in die Tat umgesetzt werden.

Dies bedeute auch eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und vor allem das Ende der Gewaltanwendung gegen die Zivilbevölkerung. Griechenland werde die Alliierten über den genauen Inhalt der Gespräche informieren. Der libysche Gesandte werde in die Türkei und auch nach Malta reisen, teilte das griechische Außenministerium weiter mit. Vor dem Treffen mit al-Obeidi hatte Papandreou mit dem britischen Premier David Cameron, dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und anderen politischen Führern der Region gesprochen.

Seit dem Beginn der Nato-Mission seien 218 Luftschläge gezählt worden. Die Nato hatte das Kommando am Donnerstag übernommen. An dem Einsatz über Libyen nehmen etwa 20 der 28 Nato-Mitglieder sowie mehrere nicht dem Bündnis angehörende Staaten teil. Deutschland und Polen beteiligen sich nicht. Ziel ist es, auf der Basis der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates die Flugverbotszone sowie die Einhaltung des Waffenembargos zu überwachen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Bei Al-Brega setzten Aufständischen-Verbände am Sonntag ihre Bemühungen fort, die Gaddafi-Truppen aus dem strategisch wichtigen Ölhafen zu verdrängen, berichtete ein dpa-Korrespondent unter Berufung auf Rebellenkämpfer.

Nach neuen Nato-Angriffen auf die Regime-Streitkräfte konnten weite Teile der Stadt 240 Kilometer südwestlich von Bengasi eingenommen werden. Al-Brega war in den vergangenen Tagen stark umkämpft gewesen. Die Stadt hatte mehrfach den Besitzer gewechselt. Die Gaddafi-Truppen griffen am Wochenende weiter die von ihnen belagerten Städte Misurata und Al-Sintan an. Bewohner beschrieben die Lage in den Enklaven als dramatisch und verzweifelt. In Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, trafen Granaten ein Krankenhaus. Mehrere Freiwillige wurden verletzt, berichtete die Oppositionsgruppe „Feb17voices“ am Sonntag über den Kurzmitteilungsdienst Twitter.

(Mit Material von afp/dpa/reuters)