An Bord sowohl Touristen,die planmäßig und erholt aus den Urlaubsorten zurückkamen - und Deutsche, die sich kurzfristig zur Flucht aus Ägypten entschieden.

Kairo/Berlin. Zwei Flugzeuge der Lufthansa sind nach Tagen der Unruhe aus Kairo kommend in Frankfurt gelandet. An Bord sowohl Touristen,die planmäßig und erholt aus den Urlaubsorten zurückkamen - und Deutsche, die sich kurzfristig zur Flucht aus Ägypten entschieden.

Die meisten dachten sich: Endlich zu Hause. Mehrere hundert Menschen sind am Montag vom Krisenherd Ägypten aus Richtung Frankfurt gestartet und am Abend auf dem Flughafen gelandet. Neben einem planmäßigen Flug vor allem mit Urlaubern aus den Badeorten am Roten Meer hatte die Lufthansa noch eine zusätzliche Maschine im Einsatz. Ein drittes Flugzeug der Kranich-Linie hob dagegen nicht wieder aus Kairo ab - „es gab einfach keinen Bedarf, haben unsere Mitarbeiter in Kairo berichtet“, sagte ein Flughafensprecher. Am Vorabend waren bereits in München deutsche Urlauber gelandet, die die Plünderungen und Ausschreitungen in Ägypten teilweise aus der Nähe erlebt hatten.

Wegen der unsicheren Lage hatte die Bundesregierung ihre Reisehinweise verschärft, eine generelle Reisewarnung für Ägypten gab das Auswärtige Amt allerdings nicht heraus. Die Fluggesellschaft Air Berlin setzt am Dienstag neben ihren regulären Flügen von den ägyptischen Badeorten nach Deutschland auch eine Chartermaschine von Alexandria mit Ziel Düsseldorf ein. Die beiden Lufthansa-Jets Richtung Frankfurt mit jeweils rund 330 Plätzen waren am Montag nach Angaben eines Sprechers fast bis auf den letzten Platz ausgebucht. Die Heimkehrer hatten im Gepäck auch ihre Erinnerungen an die Tage der Unruhe in der ägyptischen Hauptstadt. Günter Kremer erlebte die tagelangen Straßenschlachten in Kairo und erzählt: „In der ersten Woche, als ich das gesehen habe, habe ich gesagt, das geht nicht gut. Das Schlimmste war, dass wir nicht raus konnten und keine Informationen bekamen. Wer dann noch freiwillig aus dem Haus gegangen ist, ist lebensmüde.“

Will Parent aus Kanada ist überglücklich, in Europa gelandet zu sein: „Es war sehr stressig“, sagt er. „Das Schlimmste waren die Schüsse und die Militärpräsenz und vor allem die Panzer.“ Beeindruckend sei hingegen die Hilfsbereitschaft der Ägypter gewesen, die ihn vor den Massen auf den Straßen und dem Mob beschützt hätten. „Nicht die Polizei, sondern die hilfsbereite Nachbarschaft“ sei ihm zu Hilfe gekommen.

Im Ankunftsbereich von Terminal 1 warteten am Abend zahlreiche Angehörige auf die heimkehrenden Touristen und Unternehmer. Eine Stuttgarterin nahm ihre Mutter in Empfang, die in Kairo als Lehrerin arbeitet: „Zwischenzeitlich hatte ich schon Angst um sie, weil ich sie nicht erreichen konnte.“ Aber jetzt sei sie erleichtert, dass die Mutter zurück nach Deutschland gekommen sei.

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Mit aller Härte versucht Ägyptens Präsident Mubarak, die aufkeimenden Proteste gegen Korruption und soziale Ungerechtigkeit zu beenden. In der Nacht zum Mittwoch kamen bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in Kairo und Suez drei Demonstranten und ein Soldat ums Leben. Die Regierungen in Washington und Berlin sowie die Europäische Union mahnen Präsident Husni Mubarak zur Besonnenheit. Unbeeindruckt von dem brutalen Durchgreifen der Sicherheitskräfte versammelten sich auch am Mittwoch in Kairo sowie in den Provinzen Manufija, Nord-Sinai und Assiut wieder Hunderte von Oppositionellen, um gegen Mubarak und die Politik seiner Regierung zu demonstrieren. Wieder schlug die Polizei zu. Auf die Appelle westlicher Verbündeter, einen demokratischen Dialog zuzulassen, reagierte die Führung in Kairo zunächst nicht. Stattdessen blockierten die Behörden den Zugang zum Kurzmitteilungsdienst Twitter. Das ägyptische Blog Bakya Masr berichtete, dass Facebook-Seiten ebenfalls nicht mehr zugänglich seien.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) rief zu mehr Demokratie auf. Ein gesellschaftlicher Dialog sei der beste Weg zur politischen Stabilität, sagte er inBerlin. Dazu gehörten Presse- und Versammlungsfreiheit sowie der Respekt vor den Bürgerrechten.

Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, von der ägyptischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern. „Eine klare menschenrechtliche Positionierung wäre angemessen“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. „Wir sollten aus Tunesien lernen.“ Auch die USA forderten die Regierung in Kairo auf, friedlich auf die Proteste zu reagieren. Das Weiße Haus erklärte, die Regierung müsse politische, wirtschaftliche und soziale Reformen fortsetzen.

Als sich am Mittwochmorgen auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo rund 50 Menschen zu Protesten zusammenfanden, schlugen Polizisten sofort zu. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen verließen die Menschen kurz darauf den Platz. Auch bei einer etwas größeren Demonstration von Journalisten und Anwälten kam es zu Handgreiflichkeiten. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte: „Es wird niemandem erlaubt werden, Aufruhr zu schüren, Protestversammlungen abzuhalten oder Demonstrationen zu organisieren“.

In Ägypten gilt seit 1981 der Ausnahmezustand. Großdemonstrationen werden von der Polizei normalerweise rasch beendet. Amnesty International beklagt Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Haft ohne Anklage und Verfahren. In den vergangenen Monaten hatten mehrere Todesfälle in Polizeigewahrsam Proteste ausgelöst.

In der Nacht war es in Kairo und mehreren Provinzstädten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Die drei Todesopfer waren in der Hafenstadt Suez zu beklagen. In Kairo kam ein Soldat ums Leben. Hunderte Menschen wurden verletzt. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und feuerte mit Tränengas und Gummigeschossen.

An der Börse in Kairo gaben die Kurse am Mittwoch stark nach. Der Aktienindex EGX 30 verlor zeitweise fast fünf Prozent.

Die ägyptischen Proteste, die nicht zentral gesteuert sind, sondern von vielen politischen Bündnissen und Menschenrechtsgruppen organisiert werden, richten sich unter anderem gegen die weit verbreitete Korruption. Einige Demonstranten forderten auch den Rücktritt von Mubarak, der seit 1981 an der Macht ist. Er hatte damals die Nachfolge von Anwar al-Sadat angetreten, der während einer Parade von einem Attentäter erschossen worden war.

In den auch bei deutschen Touristen beliebten ägyptischen Urlaubsorten am Roten Meer war von den Unruhen nichts zu spüren. Allerdings sagten die Reiseveranstalter Ausflüge nach Kairo ab. Diese Vorsichtsmaßnahme sei für zunächst einen Tag getroffen worden, hieß es bei den Anbietern Thomas Cook/Neckermann und FTI. Die Rewe-Pauschaltouristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg) erklärte, schon seit Dienstag keine Urlauber mehr in die Hauptstadt zu bringen. Das Ägyptische Museum, das zu den wichtigsten Besuchermagneten der Stadt gehört, liegt direkt am Tahrir-Platz, auf dem sich in der Nacht die Demonstranten mit der Polizei geprügelt hatten.

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Die Rebellion der Bürger: Regimes in Angst

Der Sturz des tunesischen Autokraten Zine al-Adine Ben Ali markiert den ersten erfolgreichen Aufstand eines Volkes in der arabischen Welt seit dem Ende der Kolonialzeit. Die Revolte wird in den übrigen arabischen Staaten des Mittelmeerraumes, in denen seit vielen Jahren repressive Regimes und unabwählbare Monarchien an der Macht sind, mit großer Aufmerksamkeit und Besorgnis verfolgt. Dennoch kann man die diversen Despotien und autokratischen Regierungen nicht über einen Kamm scheren - trotz vergleichbarer Defizite bei Pressefreiheit, Menschenrechten und Wohlstand. Nicht alle diese Länder sind derzeit empfänglich für den Funken der Revolte.

Eines aber ist allen Staaten von Marokko bis Syrien gemeinsam: Ihre Wirtschaft ist im Vergleich zu denen der europäischen Länder weit unterentwickelt. Selbst südeuropäische Problemstaaten wie Griechenland oder Portugal weisen eine erheblich höhere Wirtschaftsleistung und individuellen Wohlstand auf als ihre Nachbarn auf der nicht weit entfernten südlichen Seite des Mittelmeers.

Der Segen der arabischen Staaten, ein hohes Bevölkerungswachstum, ist zugleich ihr Fluch, denn die Wirtschaft wächst nicht mit. "Die Menschen in diesen Ländern können ihre Fähigkeiten oft nicht nutzen, denn es fehlt an wirtschaftlichen Perspektiven", sagt der Hamburger Physiker Gerhard Knies, der geistige Vater des Wüstenstrom-Projektes Desertec. Günstiger Strom aus Sonnenkraftwerken, so die Idee von Knies und dessen Mitstreitern, könnte die wirtschaftliche Entwicklung in Nordafrika und dem östlichen Mittelmeer stark voranbringen. In all diesen Ländern habe er bei zahlreichen Reisen "großes Interesse" für Desertec erlebt, sagt Knies. In Marokko und Ägypten gebe es mittlerweile Pilotprojekte für Sonnenkraftwerke.

Die folgende Übersicht stellt die politische und wirtschaftliche Situation der Mittelmeerstaaten Ägypten, Algerien, Jordanien, Libyen, Marokko, Syrien und Tunesien vor, in denen Autokraten herrschen. In allen diesen Ländern ist der Wohlstand ungerecht verteilt, gibt es Armut, kaum Frauenrechte, keine Meinungsfreiheit, keine organisierte demokratische Opposition, aber dafür viel Wut im Volk.

Zumeist haben sich kleine Eliten abgekapselt und schöpfen den Reichtum aus Öl, Tourismus oder Bodenschätzen hemmungslos ab. In einigen dieser Staaten - wie in Ägypten oder Algerien - ist die Stimmung bereits aufgeheizt, Aufstände werden dort nur brutal von Militär und Geheimdiensten verhindert.

Marokko

Politik: Das Touristenland Marokko ist dem Namen nach eine konstitutionelle Monarchie, doch König Mohammed VI., genannt M6, ist zugleich geistliches wie weltliches Oberhaupt und Oberkommandeur der Armee. Er kann das Zweikammerparlament jederzeit auflösen und den Ausnahmezustand verhängen. Die Wahlen zum Parlament gelten als relativ frei. Obwohl in Marokko wie in den übrigen Maghrebstaaten hohe Jugendarbeitslosigkeit herrscht, ist das Potenzial zur offenen Rebellion derzeit eher gering. Der Monarch genießt in weiten Teilen der Bevölkerung hohes Ansehen. Das Regime reagiert zudem sehr repressiv auf Kritik am Königshaus. Mohammed VI. lässt Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit seines Vaters Hassan II. aufarbeiten.

Wirtschaft: Marokko orientiert sich stark nach Europa und wollte zur Regierungszeit König Hassans der Europäischen Gemeinschaft beitreten, was nicht gelang. Die Hinwendung zur EU liegt in der Nähe zu Südspanien begründet, aber auch in der kolonialen Vergangenheit des Landes mit den Besatzungsmächten Frankreich und Spanien. Marokkos Regierungen bemühen sich, die Wirtschaft auf eine breitere Basis zu stellen. In jüngerer Zeit hat Marokko eine Industrie zur Verarbeitung von Fisch und Meeresfrüchten aufgebaut - dort werden zum Beispiel Nordseekrabben von Hand gepult und wieder ausgeführt. In der Rohstoffwirtschaft profitiert Marokko von den weltweit größten Phosphatvorkommen. Eine wichtige Rolle für die marokkanische Wirtschaftsbilanz spielen die Transferzahlungen von rund einer Million marokkanischer Arbeitskräfte in Europa.

Algerien

Politik: Der nach dem Sudan zweitgrößte Flächenstaat Afrikas ist offiziell eine Präsidialrepublik, de facto aber ein Militärregime und ein politischer Hexenkessel. Der 1999 vermutlich durch Wahlmanipulation der Armee ins Amt gekommene Präsident Abd al-Asis Bouteflika, 72, herrscht per Militär und Geheimdienst. In Algerien gibt es sehr starke und militante Islamistenbewegungen. Als die Islamische Heilsfront 1991 die Parlamentswahlen zu gewinnen drohte, brach das Militär den Urnengang ab, ein folgender Bürgerkrieg forderte mehr als 100 000 Tote. Noch immer sterben jedes Jahr bei Anschlägen Hunderte Menschen. Kürzlich brachen zudem blutige "Brotunruhen" aufgrund massiver Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln aus.

Wirtschaft: Mehr noch als Libyen hängt dessen westlicher Nachbar Algerien von der Energiewirtschaft ab. Privatwirtschaft und Diversifizierung spielen nach Jahrzehnten planwirtschaftlicher Experimente und des Bürgerkriegs bislang noch eine untergeordnete Rolle. Für Europa hat Algerien besonderes Gewicht wegen seines Reichtums an Erdgas - neben Russland und Norwegen ist das nordafrikanische Land mittlerweile der drittwichtigste Erdgaslieferant der EU. Vor allem Südeuropa bezieht Gas aus algerischen Vorkommen. Als besonders hoch gilt in Algerien die Arbeitslosigkeit - nach inoffiziellen Schätzungen liegt sie bei bis zu 30 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung.

Tunesien

Politik: Der Touristenmagnet Tunesien, wo einst das antike Reich Karthago lag, war gerade Schauplatz des ersten erfolgreichen Volksaufstands in der arabischen Welt der Neuzeit. Er verjagte Präsident Zine al-Abidine Ben Ali, der 1987 den senilen Staatschef Habib Bourguiba abgesetzt hatte. Ben Ali herrschte autokratisch und repressiv, ersparte seinem Land jedoch das Schicksal eines Bürgerkrieges, wie ihn das benachbarte Algerien erlebt hatte - er ging konsequent gegen militante Islamisten vor. Allerdings besetzte der Trabelsi-Clan seiner Frau wirtschaftliche Schlüsselpositionen und plünderte das Land aus. Der Reichtum blieb einer winzigen Minderheit vorenthalten, die sozialen Spannungen wuchsen. Die Straßenproteste wurden vor allem von gut ausgebildeten Schichten getragen.

Wirtschaft: Viele Beobachter waren überrascht, dass ein autoritäres Regime in der nordafrikanischen Region zuerst in Tunesien gestürzt wurde. Denn die Wirtschaft gilt als gut entwickelt. Tunesien verfügt über eine Reihe von Bodenschätzen und verarbeitet diese - wie das Phosphat - zum Teil auch selbst. Neben dem Tourismus und der Landwirtschaft - hier vor allem Wein- und Olivenanbau - gedieh unter dem Regime Präsident Ben Alis seit den 80er-Jahren auch die industrielle Produktion. Die Textilwirtschaft wuchs. Aber auch viele Zulieferer der Automobilindustrie und aus der Elektronikwirtschaft siedelten sich in Tunesien an und nutzten die Nähe zum europäischen Markt.

Libyen

Politik: Die Sozialistische Libysch-Arabische Volksrepublik wird seit 1969 von Oberst Muammar al-Gaddafi beherrscht; er stürzte damals König Idris und regierte zunächst zehn Jahre lang als Staatsoberhaupt. Noch immer liegt die faktische Macht und der Oberbefehl über die Streitkräfte in seinen Händen. Heute nennt sich Gaddafi Revolutionsführer. Der Verfassung nach ist Libyen ein basisdemokratischer Staat auf Grundlage des Islam. Parlament ist der Allgemeine Volkskongress mit 2700 Delegierten. Das repressiv geführte Libyen, das Meinungsfreiheit unterdrückt, gilt laut Uno als höchstentwickeltes Land des afrikanischen Kontinents. Dennoch gibt es große Unzufriedenheit im einfachen Volk, das vom Ölreichtum abgekoppelt ist.

Wirtschaft: Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 12 000 Dollar je Einwohner steht Libyen im Vergleich der Länder des südlichen und östlichen Mittelmeers weit vorn. Das liegt am Energiereichtum des Landes bei einer vergleichsweise kleinen Bevölkerung von rund 6,5 Millionen Menschen. Die Förderung von Öl und Erdgas macht fast drei Viertel der libyschen Wirtschaftsleistung aus. Auch in der Zeit der Uno-Sanktionen gegen Libyen von den 80er-Jahren bis in die Mitte des vergangenen Jahrzehnts waren ausländische Unternehmen wie die deutsche Wintershall immer in Libyen aktiv. Der Tourismus könnte angesichts der vielen antiken Städten des Landes eine deutlich größere Rolle spielen. Libyen öffnet diesen Sektor jedoch nur langsam.

Ägypten

Politik: Das uralte Kulturland im Nordosten Afrikas ist eine politische Zeitbombe - resultierend aus einem repressiven Regime, kombiniert mit einem rasanten Bevölkerungswachstum, weit verbreiteter Armut, Perspektivlosigkeit bei der Jugend und wachsendem Einfluss der islamistischen Muslimbruderschaft. Seit 1981 herrscht der ehemalige Luftwaffengeneral Husni Mubarak, 82, autokratisch als Staatspräsident. Er stützt seine Macht auf den Geheimdienst und die mit 450 000 Soldaten und 250 000 Paramilitärs größte Streitmacht in Afrika und im Nahen Osten. Religionsfreiheit und Menschenrechte werden massiv verletzt, die Opposition eingeschüchtert. In Ägypten wird systematisch gefoltert, rund 96 Prozent aller Mädchen werden genital verstümmelt.

Wirtschaft: Die Ökonomie des Landes ist vielfältig. Dennoch liegt das Bruttoinlandsprodukt der Ägypter pro Kopf bei nur rund 2000 Dollar jährlich, das ist weniger als ein Zwanzigstel des deutschen bei einer vergleichbar großen Bevölkerung. Dominierende Wirtschaftszweige sind der Tourismus und die Landwirtschaft. Auch Bodenschätze spielen eine Rolle ebenso die industrielle Produktion. Vor allem Förderung und Export von Erdgas haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Eine ständige Einkommensquelle Ägyptens ist zudem der Suezkanal, die wichtigste künstliche Wasserstraße der Welt, die Europa und Nordafrika mit Arabien und Asien verbindet.

Jordanien

Politik: Das kleine Königreich Jordanien wird wie Marokko von seinem Monarchen politisch beherrscht, ist aber deutlich liberaler - obwohl auch hier keine Presse- und Meinungsfreiheit herrscht und der Geheimdienst allgegenwärtig ist. Der im Westen erzogene Berufsoffizier Abdullah II. - Sohn des verstorbenen Königs Hussein, der mit Israel Frieden schloss - ist zugleich Oberkommandeur der Armee, ernennt den Ministerpräsidenten und das Kabinett. Wie Marokkos König soll der jordanische Monarch direkt vom Propheten Mohammed abstammen - was ihn in der islamischen Welt fast unangreifbar macht. Nach der Revolte in Tunesien kam es auch in Jordanien zu einzelnen Protesten Benachteiligter - ein sozialpolitischer Flächenbrand kündigt sich derzeit aber nicht an.

Wirtschaft: Jordaniens Wirtschaftsleistung basiert überwiegend auf Handel und Dienstleistungen. Ein großer Teil der Wirtschaft ist in der Hand von Palästinensern, die nach ihrer Vertreibung im Konflikt mit Israel in Jordanien geblieben waren. In der Industrie spielen vor allem die Textilwirtschaft und die Verarbeitung von Rohstoffen eine Rolle. Die ständigen politischen und militärischen Spannungen in der Region beeinträchtigen Jordanien trotz des Friedensschlusses mit Israel stark. Der Tourismus hat im Land zahlreiche antike Stätten zu bieten. Doch besonders die häufigen Gewaltausbrüche in den benachbarten Palästinensergebieten schädigen das Geschäft.

Syrien

Politik: Die sozialistische Volksrepublik Syrien, de facto eine autokratische Präsidialrepublik mit Einparteiensystem, wurde zwischen 1971 und 2000 von Hafiz al-Assad beherrscht. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Baschar die Macht. Der gelernte Augenarzt Assad hat Hoffnungen auf weitreichende Reformen enttäuscht; er herrscht mithilfe des allgegenwärtigen Geheimdienstes, Regimegegner verschwinden im Gefängnis. Die Familie Assad gehört zur religiösen Minderheit der Alawiten oder Nusairier; 75 Prozent der Syrer sind jedoch Sunniten. Auch aus diesem Gegensatz ergeben sich Spannungen. Syrien, das zusammen mit dem Iran die proiranische Hisbollah unterstützt, ist politisch zudem stark belastet durch den Dauerkonflikt mit Israel.

Wirtschaft: Die Agrarwirtschaft spielt eine Schlüsselrolle in Syrien. Das Land exportiert Nahrungsmittel und Textilien. Die Ölvorräte hingegen gehen allmählich zu Ende. Die Regierung will die Wirtschaft weiter diversifizieren und nach Europa hin ausrichten. Das wurde auch dadurch erschwert, dass die USA Syrien nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 zur "Achse des Bösen" zählten. Unter den Spannungen in der Region und unter dem repressiven Charakter des Regimes leidet auch die Entwicklung des Tourismus. In Syrien liegen einige der wichtigsten antiken Stätten, etwa die Hauptstadt Damaskus oder Aleppo. Bislang ist das Land auch für die ohnehin kleine Klientel der Bildungstouristen wenig erschlossen.