Auf die Gegner von WikiLeaks wird eingehackt. Jetzt sucht die Polizei verstärkt nach den Online-Saboteuren.

Den Haag. Die Niederlande suchen verstärkt nach den Hackern. Nach der Festnahme eines 16-Jährigen wegen Internet-Attacken auf die Websites von Mastercard und PayPal haben Ermittler werden weitere Festnahmen von Online-Saboteuren erwartet. Auch in anderen Ländern seien solche Aktionen denkbar, hieß es bei der Staatsanwaltschaft in Den Haag. Der Teenager habe offenbar mit einer größeren Gruppe von Wikileaks- Sympathisanten bei den Netz-Angriffen kooperiert.

Der Verdächtige war in der Nacht zum Donnerstag festgenommen worden. Die Angreifer sollen einen Server in Haarlem unweit von Amsterdam benutzt haben. Dabei blieb zunächst unklar, ob sich weitere Mitglieder dieser Gruppe in den Niederlanden oder im Ausland aufhalten.

Der 16-Jährige legte laut niederländischen Medienberichten ein Geständnis ab. Er soll im Laufe des Freitags einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden, der unter anderem über eine Fortsetzung der Haft entscheiden muss. Bei dem Holländer waren mehrere Computer und USB-Speichersticks beschlagnahmt worden.

Nach der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange hatten Internet-Aktivisten in den vergangenen Tagen Websites von Unternehmen lahmgelegt, die Geschäftsbeziehungen zu der Enthüllungsplattform abgebrochen hatten. Am Mittwoch traf es die Kreditkarten-Firmen Mastercard und Visa, deren Websites zeitweise nicht erreichbar waren. Auch der Zahlungsdienstleister PayPal wurde Ziel von Angriffen.

Die Internet-Attacken werden von einer Gruppe mit dem Namen „Anonymous“ organisiert. Es geht um sogenannte DDOS-Angriffe, bei denen hunderte oder tausende zusammengeschlossene Computer einen Web-Server mit Anfragen überhäufen, bis er unter dieser Last in die Knie geht.

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WikiLeaks-Konto bei Paypal gesperrt

Nach dem der Onlinehandel Amazon WikiLeaks vom seinen Servern verbannt hat, gibt es nun weitere Schritte gegen die Online-Plattform, die geheime Dokumente veröffentlicht hat. Weltweit hatten Regierungen angekündigt rechtliche Schritte einzuleiten. Das Internet-Bezahlsystem Paypal hat die Bearbeitung von Finanztransaktionen für das Portal eingestellt. Paypal habe wegen Verletzungen der Nutzungsbedingungen das von Wikileaks genutzte Konto "dauerhaft abgeschaltet“, teilte das US-Unternehmen am späten Freitagabend (Ortszeit) mit. Wie es weiter hieß, verstieße WikiLeaks gegen die Vorgaben, die festlegten, dass das Bezahlsystem nicht dafür genutzt werden dürfte, "um illegale Vorgänge anzuregen, zu fördern oder zu erleichtern“. Wikileaks sei über die Maßnahme in Kenntnis gesetzt worden.

Am vergangenen Sonntag hatte die Online-Plattform von Gründer Julian Assange, Wikileaks, mit der schrittweisen Veröffentlichung von 250.000 geheimen diplomatischen Depeschen der US-Regierung begonnen, in denen US-Diplomaten über ausländische Politiker in ihren Einsatzländern berichten. Die Regierungen der USA und anderer Länder warfen dem Portal daraufhin schwere Rechtsverstöße vor.

Unterdessen werden durch die Inhalte der Veröffentlichung auch weitere Personen kritisiert. Im Blickpunkt steht auch Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Nach den Veröffentlichung der geheimen Dokumente war herausgekommen, dass der Büroleiter Westerwelles, Helmut Metzner, die US-Botschaft mit Interna versorgt haben soll. Westerwelle hat nach Angaben seines bisherigen Büroleiters Helmut Metzner nichts von dessen Gesprächen mit Vertretern der US-Botschaft in Berlin gewusst. Er habe den Parteichef nicht eingeweiht, weil er seit 2004 mit verschiedenen Vertretern der Botschaften in Berlin ständig Gespräche führe, sagte Metzner, der inzwischen auf einen anderen Posten versetzt wurde, dem Magazin "Focus“. "Herr Westerwelle war nicht im Bilde“, beteuerte er.

Der SPD sieht den Außenminister nicht entlastet: "Einen solchen Fehltritt im höchstpersönlichen Umfeld muss sich Westerwelle selbst dann zurechnen lassen, wenn er nichts davon gewusst hat“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, am Sonnabend in Berlin. Die FDP vermische bei diesem Vorfall zudem Partei- und Regierungsarbeit, weil Staatssekretär Martin Biesel in der Parteizentrale nach dem Informanten der US-Botschaft gesucht habe. "Guido Westerwelle scheint der Doppelaufgabe von Außenminister und Parteivorsitzender immer weniger gewachsen zu sein. Er sollte sich für eine Aufgabe entscheiden“, sagte Oppermann laut Mitteilung.

Ende November hatte die Enthüllungsplattform Wikileaks die ersten von mehr als 250.000 vertraulichen Dokumenten aus US-Botschaften veröffentlicht. Darin fand sich auch der Hinweis auf den FDP- Informanten. Erst nach vier Tagen gab Metzner zu, dass er in der fraglichen Zeit die US-Botschaft mit Informationen versorgt hatte. Vorwürfe des Geheimnisverrats wies Metzner jetzt weit von sich: "Ich habe Botschaftsvertretern zu keiner Zeit Dokumente vertraulichen Inhalts ausgehändigt oder angeboten“, sagte er dem "Focus“.

Westerwelle kündigte an, im Auswärtigen Amt würden die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente jetzt ausgewertet. "Wir müssen wissen, ob sich daraus nicht auch für deutsche Staatsangehörige Gefährdungen ergeben“, sagte er der "Frankfurter Rundschau“ (Sonnabend).

Das Thema spielte auch bei Westerwelles Besuch in Bagdad eine Rolle. Der irakische Außenminister Hoschiar Sibari kritisierte bei einem gemeinsamen Auftritt am Sonnabend die Veröffentlichung der Dokumente als "nicht hilfreich und schädigend vor allem für die US- Diplomatie“. Bislang hätten die Enthüllungen aber "noch keine Auswirkungen auf uns“. Westerwelle sagte: "Ich kann dem nur zustimmen.“

Politisch sieht sich die FDP nach der Wikileaks-Affäre in ihrem Einsatz für besseren Datenschutz gestärkt. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte der Deutschen Presse-Agentur (Sonnabend): "Ich hoffe sehr, dass die Probleme, die den USA durch die Veröffentlichungen entstanden sind, zu einem Nachdenken über die Notwendigkeit von Datenschutzmaßnahmen führen.“

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), warf den USA einen schlampigen Umgang mit Geheimdaten vor: "Man steht staunend vor der Erkenntnis, dass in den USA mehr als zwei Millionen Menschen Zugriff auf diese sensiblen Daten hatten“, sagte er der "Bild am Sonntag“. "Wenn die USA derart gigantische Datenmengen anhäufen, dann müssen sie ebenso gigantische Anstrengungen zu deren Schutz unternehmen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte verbindliche Regeln zum Datenschutz im Internet an: "Es darf kein rechtsfreier Raum sein, es kann ja nicht sein, dass im Internet ausgerechnet gar nichts gilt“, sagte Merkel in ihrem am Sonnabend veröffentlichten Video-Podcast im Internet. "Auf der anderen Seite darf man die Möglichkeiten des Internets nicht von vornherein zu sehr einschränken.“

Die Enthüllungs-Plattform Wikileaks, die am Freitag die angestammte Web-Adresse wikileaks.org verlor, ist nun auch vom Bezahldienst Paypal ausgeschlossen worden. Die Ebay-Tochter teilte auf ihrer Blogseite "thepaypalblog.com“ mit, wegen einer "Verletzung der Nutzungsbedingungen“ sei das von Wikileaks genutzte Spenden-Konto dauerhaft gesperrt worden. Am Sonnabendnachmittag war die Seite allerdings nicht mehr erreichbar. Paypal schließt die Benutzung seiner Dienste aus, wenn dadurch "illegale Aktivitäten“ gefördert werden.