Auch die Entwicklungsländer geben erste positive Signale in Cancún. Deutschland senkt die Emissionen stark und sieht sich als Vorreiter.

Hamburg. Das Ziel ist ehrgeizig: Bei der Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún will die Staatengemeinschaft im Kampf gegen die globale Erwärmung Maßnahmen vereinbaren, um den Treibhauseffekt zu reduzieren. Die Bundesregierung sieht sich selbst dabei als Vorreiter. Deutschland stehe beim Umwelt- und Klimaschutz weltweit an führender Stelle, erklärte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei der Vorstellung des Umweltberichts 2010, der gestern vom Kabinett beschlossen wurde.

Dem Bericht zufolge, der die Umweltpolitik der vergangenen vier Jahre analysiert, hat Deutschland seine Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll, die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 21 Prozent zu senken, bereits überfüllt. So sei 2009 eine Reduktion um 25 Prozent verzeichnet worden, sagte Röttgen. Dagegen habe der CO2 -Ausstoß weltweit seitdem um 24 Prozent zugenommen.

Röttgen sagte weiter, der Umweltsektor sei in Deutschland inzwischen zu einem Wachstumsmotor geworden. So betrage der deutsche Weltmarktanteil bei Umwelttechnik inzwischen 16 Prozent, was einem Wert von 224 Milliarden Euro im Jahr entspreche. Rund 1,8 Millionen Menschen seien im Umweltsektor beschäftigt, davon allein 340 000 im Bereich der erneuerbaren Energien. Röttgen kündigte an, die Regierung wolle sich weiter energisch auf Uno-Ebene für ein neues und rechtsverbindliches Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 einsetzen. Er reist kommende Woche zur Uno-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún.

Im Vorfeld warf Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der Bundesregierung vor, bei der Klimakonferenz einer der größten Bremser zu sein. Insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel blockiere eine Verschärfung des EU-Reduktionsziels für Treibhausgase, sagte Trittin der "Rheinischen Post". Lob bekam die Regierung für ihre Umweltpolitik aus Brüssel, wo auch der EU-Umweltbericht vorgestellt wurde. Der Einsatz, die Gesetzgebung und die Umsetzung seien "exzellent", sagte die Direktorin der Europäischen Umweltagentur, Jacqueline McGlade. Sie bescheinigte den Deutschen eine "sehr, sehr starke Arbeit".

Die EU hat sich verpflichtet, ihre CO2-Emmissionen bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Auf eine Verschärfung auf minus 30 Prozent will sich die EU aber erst festlegen, wenn auch andere Industriestaaten mitziehen. Im vergangenen Jahr hatten sich die Staaten auf der Klimakonferenz von Kopenhagen geeinigt, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken. Doch legten sie weder einen Zeitplan fest, noch erklärten sie, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Ein Durchbruch wird auch in Cancún nicht erwartet. Am zweiten Konferenztag gab es allerdings positive Signale. Das berichtet Martin Kaiser, der für Greenpeace die Verhandlungen beobachtet, dem Abendblatt.

"Indien, das bislang sehr starr die Ansicht der Entwicklungsländer vertrat, die Industriestaaten als Verursacher des bisherigen Treibhauseffekts müssten beim Klimaschutz in Vorleistung gehen, zeigt jetzt Verhandlungsbereitschaft. Generell haben die Schwellenländer mehr Interesse am Handel mit Emissionsrechten, und China hat bereits angekündigt, einen solchen Handel einführen zu wollen", sagt Kaiser. Weniger ermutigend sei das Scheitern von US-Präsident Barack Obama, im eigenen Land Klima- und Energiegesetze zu verabschieden. "Es ist von den USA keine Bewegung zu erwarten. Deshalb ist es wichtig, die Verhandlungen ein stückweit von den USA unabhängig zu machen." Kaiser hofft, dass zum Konferenzende am 10. Dezember zumindest Grundpfeiler für ein Klimaabkommen stehen.

Außerhalb der Verhandlungsräume prägte ein Chaos beim Bus-Zubringerdienst den Tagungsauftakt. Er soll den Konferenzort mit dem 15 Kilometer entfernten Tagungszentrum verbinden, in dem Begleitveranstaltungen laufen und Nichtregierungsorganisationen untergebracht sind. "Die Veranstalter haben versprochen, das Problem zu beheben", sagt Kaiser und lobt den Gastgeber: Mexiko habe schon in der Vergangenheit als Mittler zwischen Industrie- und Entwicklungsländern agiert.