Kirchners Politik und eine günstige Entwicklung der Weltwirtschaft bescherte Argentinien während seiner gesamten Amtszeit hohe Wachstumsraten.

Buenos Aires. Nach der schwersten Wirtschafts- und Sozialkrise in der Geschichte Argentiniens war es Präsident Néstor Kirchner, der seinen Landsleuten das Selbstvertrauen zurückgab. Nach seiner Wahl 2003 befolgte er nicht länger die Vorgaben internationaler Finanzinstitutionen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF). Ausländische private Gläubiger Argentiniens mussten auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichten, was dem Staatshaushalt Luft verschaffte.

Stattdessen betrieb Kirchner eine Re-Industrialisierung des Landes, dessen Wirtschaft unter seinem Parteifreund Carlos Menem (1989-1999) stark gelitten hatte. Diese Politik und eine günstige Entwicklung der Weltwirtschaft bescherte Argentinien während seiner gesamten Amtszeit hohe Wachstumsraten. Am Mittwoch starb Kirchner, der das Land bis 2007 führte, an einem Herzinfarkt.

Er wurde in Río Gallegos im Süden des Landes als Sohn eines Postbeamten Schweizer Abstammung und einer chilenischen Einwanderin kroatischer Abstammung geboren. Schon früh während des Jurastudiums in La Plata begann seine politische Karriere bei den Peronisten. Während der Militärdiktatur (1976-1983) zog er sich mit seiner Frau Cristina nach Río Gallegos zurück. Nach dem Ende der Diktatur wurde er zunächst Bürgermeister seiner Vaterstadt und später Gouverneur der patagonischen Provinz Santa Cruz. Mit seiner Frau hatte er zwei Kinder.

Die Präsidentschaftswahlen 2003 gewann Kirchner mit einem Stimmenanteil von nur 22,2 Prozent im ersten Wahlgang, weil der Zweitplatzierte – Ex-Präsident Menem – schon vor der Stichwahl aufgab. Während seiner Amtszeit ließ Kirchner als Vertreter der „Generation der Opfer“ der Militärdiktatur die Amnestiegesetze für die Verbrechen der Militärs aufheben. Folterer und Mörder aus den Kreisen des Militärs und der Polizei kamen in der Folge doch noch vor Gericht und wurden zu langen Haftstrafen verurteilt.

Außenpolitisch suchte Kirchner einen engen Schulterschluss mit dem linkspopulistischen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und anderen Linkspolitikern Lateinamerikas. Seine innenpolitischen Kritiker warfen ihm vor, mit einer Justizreform die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit zu schwächen und mit zu vielen Dekreten am Parlament vorbeizuregieren.

Bei den Präsidentwahlen 2007 verzichtete Kirchner zugunsten seiner Frau auf eine zweite Kandidatur . Cristina Fernández de Kirchner gewann die Wahl überlegen und regiert nun das südamerikanische Land. Als Vorsitzender der Peronisten-Partei blieb Kirchner ein einflussreicher Politiker. Er galt als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Dann hätte er im Falle eines Wahlsiegs die Kirchner-Familiendynastie um weitere vier Jahre verlängern können.