Der Skandal um die geheimen Tonbänder aus der Villa der L'Oreal-Erbin weitet sich aus. Der Staatsanwalt soll Präsident Sarkozy nahestehen.

Paris. Im Familienstreit um das Milliardenerbe der L’Oréal-Hauptaktionärin Liliane Bettencourt hat die Polizei am Mittwoch das Anwesen der Tochter durchsucht. Die Ermittler seien im Haus von Françoise Bettencourt-Meyers im Pariser Nobelvorort Neuilly im Einsatz gewesen, hieß es aus dem Umfeld der zuständigen Staatsanwaltschaft Nanterre. Dabei geht es um den Vorwurf der Verletzung der Privatsphäre: In der Villa der Mutter waren heimlich Tonbandaufnahmen gemacht worden, die die Tochter der Polizei übergeben hatte. Die Tochter, die ihre Mutter wegen eines Streits um das Familienvermögen entmündigen lassen will, bestreitet, die Aufnahmen in Auftrag gegeben zu haben.

Die diversen Affären rund um die reichste Frau Frankreichs waren durch die heimlichen Tonbandaufnahmen an die Öffentlichkeit gelangt, die ein früherer Butler von Liliane Bettencourt zwischen Mai 2009 und Mai dieses Jahres machte. Seither werden der 87-Jährigen nicht nur Steuerhinterziehung, sondern unter anderem auch illegale Parteienfinanzierung für die Regierungspartei UMP von Staatspräsident Nicolas Sarkozy vorgeworfen.

Vorangegangen war diesen Enthüllungen aber der Streit zwischen Mutter und Tochter um das Familienvermögen: Die Tochter der Milliardärin wirft dem Künstler François-Marie Banier vor, sich das Vertrauen ihrer Mutter erschlichen und der alten Dame im Laufe der Jahre rund eine Milliarde Euro in Form von Lebensversicherungen, Gemälden, Bargeld und Immobilien abgeluchst zu haben.

Der Anwalt der Tochter, Olivier Metzner, widersprach erneut dem Vorwurf, die heimlichen Tonaufnahmen seien im Auftrag seiner Mandantin gemacht worden. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagte Metzner. Zugleich verwies er darauf, dass es schon erstaunlich sei, dass sich die Staatsanwaltschaft mehr für die Entstehung der Aufnahmen als für deren Inhalt interessiere. Dem zuständigen Staatsanwalt Philippe Courroye war auch von der sozialistischen Opposition mehrfach Parteilichkeit vorgeworfen worden. Er soll Präsident Sarkozy nahestehen.

Durch die Bettencourt-Affären war die französische Regierung stark in Bedrängnis geraten. Arbeitsminister Eric Woerth musste von seinem Posten als Schatzmeister der regierenden UMP zurücktreten, weil er die illegalen Spenden entgegengenommen haben soll. Außerdem arbeitete seine Frau für die Vermögensverwaltung von Liliane Bettencourt, während er bis März – damals noch als Haushaltsminister – für den Komplex Steuerhinterziehungen zuständig war. Er bestreitet die Vorwürfe.

Woerth sollte noch diese Woche als Zeuge von der Polizei vernommen werden. Der Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung sollte dabei aber nur am Rande eine Rolle spielen.