Tochter Françoise hatte versucht, ihre Mutter Liliane Bettencourt entmündigen zu lassen. Die Versöhnung bedeutet nicht das Ende der Affäre.

Paris. Günstlinge raus, Familie rein: Die reichste Frau Europas, die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt, hat sich nach jahrelangem Rechtsstreit unerwartet mit ihrer Tochter versöhnt. Dahinter steckt wohl weniger die Hoffnung auf ein Weihnachtsfest im Kreis der wiedervereinten Familie als vielmehr die Sorge um die Zukunft des Kosmetikkonzerns L'Oréal. „Wir können nun gemeinsam vorangehen – zu unser aller Wohl und zum Wohle von L'Oréal, das so sehr Teil meines Lebens ist“, betonte die 88-Jährige in der Erklärung, die sie gemeinsam mit ihrer 57-jährigen Tochter Françoise veröffentlichen ließ.

Ein Erfolg auf der ganzen Linie für die Tochter: Sowohl der exzentrische Fotograf François-Marie Banier als auch Vermögensverwalter Patrice de Maistre sind faktisch ausgeschaltet. Liliane Bettencourts Schwiegersohn Jean-Pierre Meyers wird Generaldirektor der Vermögensverwaltung Théthys, die 31 Prozent an L'Oréal hält. Die beiden Söhne des Paares kommen in den Aufsichtsrat von Thétys, dem weiterhin Matriarchin Liliane Bettencourt vorsitzt.

Die Ankündigung kam überraschend. Die Bettencourts hatten sich jahrelang gegenseitig mit den schlimmsten Vorwürfen überhäuft. Die Tochter warf ihrer Mutter vor, nicht mehr bei Sinnen zu sein und sich von Günstlingen ausnehmen zu lassen. Die Mutter mokierte sich öffentlich über die verletzte Eitelkeit und den Starrsinn ihrer Tochter. Beide zogen vor Gericht, Françoise hatte bereits zum dritten Mal in Folge versucht, ihre Mutter entmündigen zu lassen. Liliane wehrte sich mit einer Klage wegen Psychoterrors.

Doch dann siegte eine Mischung aus Familien- und Geschäftssinn. „Liliane wollte ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohn und ihren Enkeln einen Platz im Unternehmen geben“, erklärte ihr Anwalt. „Es ist doch normal, dass die nächste Generation ihre Verantwortung übernimmt.“ Françoise Bettencourt-Meyers ließ alle ihre Klagen fallen und bekam im Gegenzug zugesichert, dass Banier sich künftig von ihrer Mutter fernhält. Vermögensverwalter de Maistre verliert zum Ende des Jahres seinen Posten.

War dies nun der letzte Akt der Bettencourt-Affäre, die Frankreich seit Monaten beschäftigt? Keineswegs, denn im politischen Teil der Affäre bleiben weiterhin zahlreiche Fragen offen. Der Sumpf aus illegalen Wahlkampfspenden, Steuerbetrug und Mauscheleien war erst durch den Familienstreit ans Licht der Öffentlichkeit geraten.

Die juristische Aufarbeitung war von einem regierungsnahen Staatsanwalt so lange verschleppt worden, bis der unter Verdacht geratene Arbeitsminister Eric Woerth die Rentenreform durchgebracht hatte und ohne großen Aufschrei aus der Regierung entfernt werden konnte. Damit ist er zwar aus den Schlagzeilen, aber noch nicht aus dem Visier der Justiz. Wenn die Bettencourts ihr erstes friedliches Weihnachtsfest seit Jahren hinter sich haben, dürften die politischen Aspekte der von ihnen ins Rollen gebrachten Affäre wieder in den Vordergrund rücken.