Der blutige Konflikt in Syrien steuert auf einen Punkt zu, an dem es keinen Ausweg mehr gibt. Die Vereinten Nationen sind alarmiert.

New York/Damaskus/Kairo. Die Vereinten Nationen sehen in der Syrien-Krise nicht mehr viel Zeit für eine Lösung. „Uns läuft die Zeit davon“, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär Oscar Fernandez-Taranco am Dienstag im UN-Sicherheitsrat in New York. „Wir könnten an den Punkt kommen, an dem alles zu spät ist und es keinen Ausweg mehr gibt.“ Der Bürgerkrieg in mehreren Landesteilen Syriens beschäftigte auch US-Präsident Barack Obama und seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Aber mehr als Appelle, die Gewalt zu beenden, haben sie nicht parat. Die Europäische Union verschärft ihre Strafmaßnahmen gegen das syrische Regime weiter.

Die UN-Führung sei „extrem besorgt“ über die Gewalt und fordere ein Ende des Tötens und freien Zugang für humanitäre Organisationen, sagte Fernandez-Taranco. Nach seinen Angaben benötigt eine Million Syrer dringend Hilfe. Die Hauptverantwortung für die Gewalt liege klar beim Regime von Präsident Baschar al-Assad in Damaskus. Allerdings sei auch die Opposition in der Pflicht, wenn eine politische Lösung gefunden werden solle.

Erst am vergangenen Wochenende hatte die UN-Beobachtermission UNSMIS ihre Tätigkeit in Syrien vorübergehend eingestellt. Das Risiko für die unbewaffneten Militärexperten war angesichts der eskalierenden Gewalt zu groß geworden, hieß es.

Der blutige Konflikt in dem arabischen Mittelmeerland beschäftigte auch US-Präsident Barack Obama und seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin auf dem Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) im mexikanischen Los Cabos . Bei ihrem Treffen am Rande der Veranstaltung forderten sie am Montag (Ortszeit) „eine sofortige Einstellung aller Gewalt“ und eine Waffenruhe in Syrien. Man unterstütze die Bemühungen für einen politischen Übergang zu einem „demokratischen und pluralistischen“ System.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière begrüßte den Verlauf der Gespräche zwischen Obama und Putin. „Ein wichtiger Schlüssel für den Fortschritt liegt in russischen Händen“, erklärte er am Rande eines Besuches im Golfemirat Abu Dhabi.

Russland gilt neben dem Iran als wichtigster Unterstützer des Assad-Regimes. Ein russisches Schiff, das offenbar in Russland reparierte syrische Kampfhubschrauber zurückbringen sollte, wurde von den britischen Behörden vor Schottland gestoppt, wie das britische Außenministerium am Dienstag in London bestätigte. Die Lieferung von Waffen nach Syrien fällt unter die EU-Sanktionen, die gegen Syrien verhängt wurden.

Die EU-Außenminister verschärfen die Strafmaßnahmen gegen das Regime in Syrien weiter. So werden drei Vertraute Assads auf eine bisher 128 Namen zählende Liste von Personen gesetzt, die nicht mehr in die EU reisen dürfen und deren Vermögen in der EU eingefroren wird, wie Diplomaten am Dienstag in Brüssel berichteten. Demnach wird auch die Liste von bisher 43 Unternehmen, die mit der EU keine Geschäfte mehr machen dürfen, um drei Firmen verlängert.

Ohne die Präsenz der UN-Militärbeobachter verschärfte sich der Konflikt in Syrien weiter. Aktivisten berichteten am Dienstag, am Vortag seien 83 Menschen von den Truppen des Regimes getötet worden. Unter den Toten seien elf Kinder. Am Dienstag hätten Regime-Truppen erneut die Stadt Homs mit schwerer Artillerie beschossen, meldeten Aktivisten.

Nach UN-Schätzungen wurden seit Beginn des Aufstands in Syrien 14.000 Menschen getötet. Überprüfen lassen sich diese Angaben nicht, weil das Regime eine Medienblockade über das Land verhängt hat.