Syriens Präsident Assad verspricht einen Truppenrückzug aus bewohnten Gebieten. Doch die Gefechte und Razzien gehen weiter.

New York/Beirut. Trotz der Ankündigung des syrischen Regimes gegenüber dem Uno-Sondergesandten Kofi Annan sowie der russischen Regierung, bis 10. April seine Truppen und schweren Waffen aus bewohnten Gebieten abzuziehen, geht die Gewalt im Land weiter. Aktivisten berichteten von landesweiten Razzien und Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Die amerikanische Uno-Botschafterin Susan Rice sagte, Annan habe dem Weltsicherheitsrat erklärt, der syrische Außenminister habe ihn in einem Brief über die Frist für den Truppenabzug in Kenntnis gesetzt.

Annan habe die Regierung in Damaskus zu einem sofortigen Beginn des Abzugs aufgefordert, sagte Rice. Zudem habe er das Regime dazu gedrängt, nicht weiter in bewohnte Gebiete vorzustoßen. Aus Diplomatenkreisen verlautete, neben Deutschland hätten auch Großbritannien, Frankreich und eine Reihe weiterer Staaten Zweifel angemeldet, ob Assad sein Wort halten werde.

Rice sagte, die Erfahrung zeige, dass auf Ankündigungen über eine Beendigung der Gewalt in der Vergangenheit im Gegenteil eine massive Verstärkung der Gewalt gefolgt sei. Dies sei auch jetzt die Sorge. Die USA warteten daher auf Beweise in Form von Taten.

Das Auswärtige Amt erklärte, ein Ende der Gewalt in Syrien habe oberste Priorität. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte die Regierung von Assad auf, sich an eine gegenüber Annan angekündigte Waffenruhe zu halten. "Jede weitere Verzögerungstaktik ist inakzeptabel", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

+++ Annan verkündet: Ab dem 10. April schweigen die Waffen +++

Der syrische Uno-Botschafter Baschar Dscha'afari sagte, Annan und die syrische Regierung hätten sich auf die Frist bis 10. April geeinigt. Er bekräftigte erneut die Unterstützung seiner Regierung für Annans Sechs-Punkte-Plan für ein Ende der Gewalt. Laut Uno-Diplomaten sagte Annan dem Sicherheitsrat, dass die syrische Opposition 48 Stunden Zeit habe, die Militäroperationen zur Gewährleistung einer völligen Waffenruhe herunterzufahren, falls das Regime die Frist nachweislich einhalte.

Annan habe den Sicherheitsrat gebeten, die vom syrischen Regime genannte Frist zu unterstützen und unverzüglich eine Entsendung einer Uno-Beobachtermission zu erwägen, sagte Rice. Der Sicherheitsrat habe volle Unterstützung signalisiert.

Nach Angaben von Aktivisten führten syrische Regierungstruppen gestern landesweite Razzien durch. Bei Kämpfen im nördlichen Dorf Taftanas seien zwei Zivilpersonen ums Leben gekommen, berichtete das Syrische Observatorium für Menschenrechte. Dort hätten Rebellen ein Militärfahrzeug zerstört. Truppen des Regimes hätten zudem mehrere Häuser in Brand gesteckt. Es habe auch Razzien in der Provinz Hama sowie Gefechte in der südlichen Provinz Daraa gegeben, hieß es. Bereits am Montagabend hätten Bewaffnete das Haus eines Militärvertreters in der nördlichen Stadt Aleppo angegriffen und zwei Wachleute getötet.

Seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime vor einem Jahr sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 9000 Menschen ums Leben gekommen. Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Jakob Kellenberger, forderte die syrischen Behörden erneut auf, Mitarbeitern von Hilfsorganisationen besseren Zugang zu umkämpften Gebieten zu gewähren. Kellenberger traf in Syrien mit dem Außenminister des Landes und dem Vorsitzenden des örtlichen Roten Kreuzes zusammen. Angesichts der von den "Freunden Syriens" angekündigten Finanzspritze für die Opposition befürchten Experten einen Stellvertreterkrieg in Syrien. Denn wie oder ob überhaupt sichergestellt werden soll, dass das Geld nicht für den Kauf von Waffen verwendet wird, bleibt unklar. Analysten aus Großbritannien kritisieren, dass ein Waffenkauf eine militärische Intervention gegen Assad durch die Hintertür wäre.

Videos, Bilderstrecken und Hintergründe zum Aufstand der Syrer gegen Baschar al-Assad unter www.abendblatt.de/syrien