Die internationale Gemeinschaft will den Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar Assad erhöhen und ihn zur Umsetzung des Friedensplans von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan bewegen.

Istanbul. Mit der Aussicht auf weitere Sanktionen will die internationale Gemeinschaft den Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar Assad erhöhen und ihn zur Umsetzung des Friedensplans von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan bewegen. Auf ein entsprechendes Vorgehen verständigten sich die „Freunde Syriens“ am Sonntag bei ihrem Treffen in Istanbul. Darüber hinaus wollen Saudi-Arabien und andere Golfstaaten nach Aussage von Konferenzteilnehmern einen mehrere Millionen Dollar schweren Fonds für die Bezahlung von Rebellen und Deserteuren gründen.

Obwohl ausschließlich finanzieller Natur, stellt der Plan die erste formale Unterstützung der deutlich unterlegenen Freien Syrischen Armee dar. Unklar blieb, wie der Fonds eingerichtet und überwacht wird. US-Außenministerin Hillary Clinton kündigte zudem an, Washington werde Kommunikationsausrüstung zur Verfügung stellen, damit sich die Opposition in Syrien organisieren und mit der Außenwelt in Kontakt bleiben könne.

Zwar setzt die internationale Gemeinschaft weiter auf eine politische Lösung, zugleich halten sich die Staaten aber „zusätzliche angemessene Maßnahmen“ offen, um die syrische Bevölkerung zu schützen. Damit drohen sie Assad indirekt auch mit einer möglichen militärischen Intervention. Sollte das Töten in Syrien weitergehen, soll sich der UN-Sicherheitsrat erneut einschalten.

In der Abschlusserklärung des Treffens verurteilten die Syrien-Freunde die Gräuel des Assad-Regimes und erklärten es für legitim, wenn sich die syrische Bevölkerung gegen die Gewalt schütze. Sie stellten weitere Sanktionen in Aussicht und sagten breite Unterstützung für einen politischen Prozess zu – technisch wie finanziell.

Den Syrischen Nationalrat wertete die Runde weiter auf – als „einen legitimierten Vertreter aller Syrer“ und als Dachorganisation für die syrischen Oppositionsgruppen. Der Rat hatte sich jedoch eine Anerkennung als alleiniger Vertreter der Opposition erhofft.

Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrats, Burhan Ghalioun, wehrte sich gegen die Einschätzung, die Opposition sei zersplittert. Das treffe nicht zu. Alle seien sich einig in ihrem Ziel, Syrien zu einem demokratischen Staat zu machen – mit freien Wahlen, einer unabhängigen Justiz und ohne Diskriminierung einzelner Gruppen. Ghalioun versicherte, die Gegner Assads gäben nicht auf.

Vertreter von weit mehr als 60 Staaten und Organisationen berieten in der türkischen Metropole über mögliche Auswege aus dem blutigen Syrien-Konflikt. Die internationale Runde stellte sich hinter den Friedensplan des Sondergesandten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Annan. Sie riefen ihn aber auf, einen Zeitplan für die weiteren Schritte aufzustellen.

Annans Friedensplan sieht unter anderem eine Waffenruhe, politische Gespräche und Zugang für humanitäre Hilfe vor. Assad hatte unter Bedingungen Zustimmung zu dem Plan signalisiert, die blutigen Kämpfe gegen die Oppositionskräfte im Land aber fortgesetzt. Zuletzt ließ er ausrichten, die Regierung werde ihre Truppen erst aus den Unruheregionen abziehen, wenn dort wieder Normalität eingekehrt sei. Die Staatengemeinschaft will sich diese Hinhaltetaktik von Assad nicht länger gefallen lassen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, ein Spiel auf Zeit sei nicht zu akzeptieren. Wenn Assads Regime nicht kooperiere, müsse der UN-Sicherheitsrat eingreifen und Verantwortung übernehmen. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte Assad auf, seinen Worten Taten folgen zu lassen und dem Friedensplan zu folgen. Andernfalls müsse sich der UN-Sicherheitsrat erneut einschalten. Außerdem werde die internationale Gemeinschaft die Sanktionsschraube weiter anziehen, wenn das Regime nicht kooperiere.

Russland und China haben eine Resolution des mächtigsten UN-Gremiums gegen das syrische Regime bislang blockiert. Es gab lediglich eine nicht bindende Erklärung der Runde zur Unterstützung von Annans Friedensplans. Die beiden Veto-Mächte saßen in Istanbul nicht mit am Tisch. Es war bereits das zweite Treffen der Runde nach einer Konferenz Ende Februar in Tunis.

Angesichts der eskalierenden Gewalt und der zunehmenden Not kündigte Deutschland an, die humanitäre Hilfe für Syrien um 2,5 Millionen Euro aufzustocken. Bislang hat die Bundesregierung 3,2 Millionen Euro bereitgestellt.

Das Assad-Regime verurteilte die Konferenz der Syrien-Freunde als Teil einer internationalen Verschwörung. Vor dem Kongresszentrum in Istanbul protestierten Assad-Unterstützer gegen die Veranstaltung. Beim nächsten Mal wollen sich die Syrien-Freunde in Frankreich treffen. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. (abendblatt.de/dapd)