Robert Bales muss sich nach dem Amoklauf in Afghanistan wegen Mordes in 17 Fällen vor Gericht verantworten. USA entschädigen Familien.

Washington. Nach dem Amoklauf in zwei Dörfern in Afghanistan muss sich der US-Soldat Robert Bales wegen Mordes in 17 Fällen vor Gericht verantworten. Gegen ihn soll nach Angaben aus Regierungskreisen am (heutigen) Freitag außerdem Anklage wegen versuchten Mordes und weiterer Vorwürfe erhoben werden. Der 38-Jährige wird beschuldigt, vor zwei Wochen seinen Stützpunkt in der afghanischen Provinz Kandahar verlassen und in den beiden Ortschaften 17 Zivilpersonen erschossen zu haben, darunter neun Kinder.

Nach ersten Rekonstruktionen der Tat setzte sich Bales in den frühen Morgenstunden des 11. März alleine und in Uniform vom Stützpunkt ab und brach in den Dörfern Alkosai und Balandi in Häuser ein, wo er das Feuer auf die Bewohner eröffnete. Manche Leichen steckte er den Ermittlungen zufolge in Brand.

Der Feldwebel ist derzeit im Militärgefängnis von Fort Leavenworth im US-Staat Kansas inhaftiert. Dort sollten die Vorwürfe verlesen werden. Zunächst war Bales des Mordes in 16 Fällen beschuldigt worden, am Donnerstag erhöhten die Militärbehörden ohne weitere Erklärungen die Zahl auf 17.

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Der zweifache Familienvater Bales kann sich nach Angaben seines Anwalts nur an wenige Details aus der Nacht der Bluttat erinnern. "Er hat ein paar Erinnerungen an die Zeit vor dem Vorfall und er hat ein paar Erinnerungen an die Zeit danach. Von dazwischen, sehr wenig“, erklärte der Verteidiger John Henry Browne nach einem ersten Treffen mit dem Soldaten.

Bales trat 2001 dem US-Heer bei und tat seinen Dienst seit September 2002 bei einer Infanteriebrigade. Nach zwei Einsätzen im Irak wurde er im April 2008 zum Feldwebel befördert. Danach ging er ein weiteres Mal in den Irak, bevor er zu seinem vierten Einsatz nach Afghanistan geschickt wurde. Wegen ausfälligen Verhaltens in betrunkenem Zustand war Bales in den USA zwei Mal mit der Polizei in Konflikt geraten.

USA entschädigen Familien der Opfer

Mit 50.000 Dollar pro Todesopfer haben die USA nach dem Amoklauf eines US-Soldaten in Afghanistan die betroffenen Angehörigen entschädigt. Das sagte ein Mitglied des Provinzrats von Kandahar, Agha Lalai, am Sonntag. Die USA bestätigten die Entschädigungszahlungen, nannten allerdings keine exakte Summe. Die 50.000 Dollar (37.700 Euro) – deutlich mehr als die USA üblicherweise an die Familien getöteter Zivilisten in Afghanistan zahlen – sollen helfen, die beschädigten Beziehungen mit Afghanistan nach dem Amoklauf wieder zu verbessern.

Der US-Soldat Robert Bales wird beschuldigt, vor rund zwei Wochen in der Provinz Kandahar 16 Zivilpersonen getötet zu haben. Sechs weitere Menschen wurden afghanischen Angaben zufolge bei dem Angriff verletzt. In den USA wurde gegen den Stabsunteroffizier mittlerweile Anklage wegen Mordes in 17 Fällen erhoben. Die unterschiedlichen Angaben zur Anzahl der Opfer wurden zunächst nicht erklärt.

US-Ermittler gehen mittlerweile davon aus, dass Bales nach einem ersten Angriff wieder in die Militärbasis zurückkehrte, bevor er seinen Amoklauf fortsetzte. Das würde die Annahme der USA bekräftigen, dass Bales alleine für die Tat verantwortlich war. Gleichzeitig wird dadurch die Frage aufgeworfen, wie der Verdächtige die Angriffe ausführen konnte, ohne von anderen Amerikanern auf der Militärbasis bemerkt zu werden.

„Geld von Obama“

Den Familien der Opfer sei gesagt worden, das Geld komme von US-Präsident Barack Obama, sagte Lalai. Es sei am Samstag im Büro des Gouverneurs ausgezahlt worden, Verletzte hätten 11.000 Dollar erhalten. Zuvor hatten die Familien bereits von der afghanischen Regierung 2.000 Dollar für jeden Toten und 1.000 Dollar pro Verletzten erhalten.

Ein NATO-Sprecher lehnte einen Kommentar zu den Zahlungen ab. „Da es sich bei Entschädigungen meistens um ein sensibles Thema für die Betroffenen handelt, ist es üblicherweise Teil der Übereinkunft, dass die Bedingungen der Regelung vertraulich bleiben“, sagte NATO-Sprecher Oberstleutnant Jimmie Cummings.