Das US-Militärgefängnis Bagram wird innerhalb von sechs Monaten an Afghanen übergeben. Zerwürfnis zwischen den beiden Regierungen.

Hamburg. Nach monatelangen zähen Verhandlungen mit der afghanischen Regierung hat die US-Administration von Präsident Barack Obama in einem entscheidenden Punkt nachgegeben. Das US-Militärgefängnis Bagram nördlich von Kabul, in dem zahlreiche gefangene Taliban-Kämpfer einsitzen, soll innerhalb der nächsten sechs Monate an die Afghanen übergeben werden. Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte der US-Regierung ein Ultimatum bis zum 9. März gestellt.

Doch diese Einigung kann nicht über das schwere Zerwürfnis zwischen Washington und Kabul hinwegtäuschen. Seit einem Jahr verhandeln beide Staaten über eine strategische Partnerschaft, die das Engagement der USA am Hindukusch auch nach dem Abzug der US-Kampftruppen 2014 regeln soll. Karsai hat Ende 2011 jedoch zwei zentrale Forderungen gestellt, deren Erfüllung den Amerikanern äußerst schwer fällt; die Verhandlungen über die Partnerschaft liegen seitdem auf Eis. Zum einen will Karsai die Kontrolle über die bisher von den USA geführten Militärgefängnisse, ferner sollen die US-Truppen alle von ihnen gefangene Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer an die afghanischen Behörden überstellen. Die US-Truppen haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Gefangenen in solchen Fällen oft rasch wieder auf freien Fuß kamen. Zudem gelang es im vergangenen April Hunderten Gefangenen, durch einen Tunnel aus dem afghanisch geführten Gefängnis in Kandahar zu entkommen. 2008 hatte ein Taliban-Kommando sogar rund 1000 Häftlinge aus dieser Anstalt befreit. Zum anderen hat Karsai verlangt, dass die USA ihre nächtlichen Kommandooperationen gegen Taliban und al-Qaida einstellen. Doch diese Angriffe sind die wirkungsvollste Waffe des US-Militärs im Kampf gegen die Extremisten.

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Der republikanische US-Senator Lindsay Graham, der sich für ein US-Engagement auch nach 2018 ausgesprochen hatte, sagte dazu, wenn Präsident Karsai nicht fähig sei, zu erkennen, "wie irrational es ist, von uns zu erwarten, die Häftlinge zu übergeben, und wenn er nicht erkennt, dass die nächtlichen Operationen den wirkungsvollsten Schlag gegen die Taliban darstellen, dann gibt es keine Hoffnung auf den Sieg. Dann heißt das, dass wir in Afghanistan scheitern - und dass Lindsay Graham den Stecker zieht."

Das Verhältnis zwischen Karsai und Obama gilt als völlig zerrüttet. Es gibt Vermutungen, Karsai wolle sich beim Volk profilieren, um eine dritte Amtszeit anzustreben - obwohl die Verfassung dies verbietet.