Todesstrafe: Trotz internationaler Proteste hat Weißrussland zwei 26-Jährige per Genickschuss hingerichtet, die in der Minsker Metro ein Attentat verübt haben sollen.

Minsk/Berlin. Ungeachtet internationaler Proteste hat Weißrussland zwei zum Tode Verurteilte hingerichtet, die im April 2011 in der Minsker Metro ein Attentat verübt haben sollen. Die beiden 26-jährigen Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow wurden - wie in der autoritären Ex-Sowjetrepublik üblich – per Genickschuss getötet. Das berichteten weißrussische Medien am Sonntag.

Das Staatsfernsehen ONT und die amtliche Agentur Belta machten keine Angaben zum Zeitpunkt der Hinrichtung. Am Samstag hatte zunächst nur Kowaljows Mutter unter Tränen ein Schreiben des Obersten Gerichts vorgelegt, wonach das Urteil vollstreckt sei.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) verurteilten die Hinrichtung. Die Osteuropa-Politikerin Marieluise Beck (Grüne) sprach von einem Vorgehen wie zu Zeiten von Sowjetdiktator Josef Stalin.

Zuvor hatte der als letzter Diktator Europas kritisierte weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko eine Begnadigung der beiden verurteilten Arbeiter abgelehnt. Bei dem Anschlag auf die Metro im Stadtzentrum waren am 11. April vorigen Jahres 15 Menschen getötet und etwa 300 verletzt worden. Lukaschenko hatte die Bluttat schon wenige Stunden danach als aufgeklärt bezeichnet. Allerdings widersprachen sich die offiziellen Angaben zum Hergang mehrfach.

Auch der Prozess gegen die beiden Angeklagten war umstritten. Aus Sicht von Experten war die Schuld der Männer nicht erwiesen, weil die Beweislage unklar war. Die weißrussische Justiz steht in der Kritik, Beweise zu manipulieren, Geständnisse unter Folter zu erzwingen und Willkürurteile zu fällen. Der Angeklagte Konowalow hatte im Gegensatz zu Kowaljow seine Schuld offiziellen Angaben zufolge bis zuletzt eingeräumt.

Die Bundesregierung hatte nach Angaben eines Sprechers ganz erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. „Ich (...) bedauere, dass Präsident Lukaschenko alle internationalen Appelle, das Todesurteil nicht zu vollstrecken, ignoriert hat“, hieß es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung von Westerwelle.

Die Hinrichtung werde die ohnehin schwer belasteten Beziehungen zwischen Weißrussland und Europa weiter erschweren, teilte Kanzleramtschef Pofalla mit. „Aus meiner Sicht ist der Gedanke unerträglich, dass dieses Unrechtsregime durch die Austragung der Eishockey-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr, die ein persönliches Anliegen Lukaschenkos ist, eine besondere Auszeichnung erfährt“, hieß es in Pofallas Mitteilung.

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„In diesem Schauprozess nach stalinistischer Manier ging es nicht um die Ermittlung der wahren Täter und deren Bestrafung, sondern darum, Spuren zu verwischen, die in das Zentrum von Lukaschenkos Regime selber weisen“, teilte die Bundestagsabgeordnete Beck mit.

Viele Menschen in Weißrussland hatten Zweifel an der Schuld der Männer sowie an den vom Geheimdienst KGB geführten Ermittlungen. In Internetblogs hatten Experten die Meinung geäußert, es könne sich nach dem Modell des sowjetischen Staatsterrors um einen vom Machtapparat inszenierten Anschlag handeln, um die Menschen in Angst zu versetzen und von der politischen Krise abzulenken.

Das völlig verarmte Weißrussland erlebt gegenwärtig eine seiner schlimmsten Wirtschaftskrisen sowie einen dramatischen Wertverlust des belarussischen Rubels. Wichtigster Verbündeter Lukaschenkos ist Russland. In der russischen Hauptstadt Moskau zündeten Menschen vor der weißrussischen Botschaft Kerzen für die Hingerichteten an und legten Blumen nieder.

Nach Ende des Prozesses hatten die Ermittler nach offiziellen Angaben auch die vor Gericht präsentierten umstrittenen Beweise rasch vernichtet. Die EU und die USA haben angesichts der Willkürjustiz Sanktionen gegen Weißrussland verhängt. Nach Schätzungen von Amnesty International wurden in dem Land seit 1991 etwa 400 Menschen hingerichtet. Offizielle Angaben machen die Behörden nicht.

(dpa)