Kairo. Friedensnobelpreisträger Mohammed al-Baradei scheidet im Rennen um das Präsidentenamt in Ägypten aus. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) äußerte sich in einer Erklärung enttäuscht über die Entwicklung seines Landes seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak. Den regierenden Militärrat kritisierte er scharf. Als Präsidentschaftskandidat in einem nicht wirklich demokratischen System aufzutreten, könne er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, sagte der 69-Jährige. "Dies treibt das Land von den Zielen der Revolution weg." Die Gegner des Regimes halten den Generälen vor, sie seien vor allem an ihrem Machterhalt interessiert.

Zuletzt äußerte auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter Zweifel daran, dass der Rat wie versprochen bis Mitte des Jahres alle Gewalt an eine zivile Regierung abgibt. Der Militärrat wird von Kamal al-Gansuri geleitet, der Mubarak zwei Jahrzehnte lang als Verteidigungsminister gedient hatte.

Bis Ende Juni soll Ägypten einen neuen Präsidenten wählen. Mit der Präsidentenwahl soll der Militärrat die Macht abgeben. Al-Baradeis Entscheidung kommt nur wenige Tage vor dem 25. Januar, an dem die Ägypter den ersten Jahrestag des Aufstands gegen den langjährigen Machthaber feiern.

Al-Baradei galt insbesondere in westlichen Ländern als Hoffnungsträger für Ägypten. Ein Großteil der ägyptischen Bevölkerung blieb ihm gegenüber allerdings skeptisch. Er sei zu lange im Ausland gewesen, verstehe die Menschen im Land nicht, hieß es. Auch die einflussreiche islamistische Muslimbruderschaft ging zuletzt auf Distanz zu al-Baradei.

Schon zu Amtszeiten von Präsident Mubarak war al-Baradei als Bewerber für das Präsidentenamt im Gespräch. Unbekannte stellten damals jedoch Fotos seiner Tochter im Badeanzug ins Internet und provozierten damit eine heftige Debatte über die Moral in dessen Familie.

Der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, der sich ebenfalls für das Präsidentenamt bewerben will, äußerte sein Bedauern über die Entscheidung. Er hoffe, al-Baradei werde sich auch weiterhin für den Neuaufbau Ägyptens engagieren, teilte Mussa über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Mit seinem Rückzug trage al-Baradei der Tatsache Rechnung, dass er in der Opposition nicht genug Unterstützung genieße, um die Wahl zu gewinnen, sagte Hassan Nafaa, Politikexperte und Mitglied der Protestbewegung. "Mit dem Ausstieg aus der Präsidentschaftswahl kommt er der Jugendbewegung und den Liberalen wieder näher, die in der Übergangsphase von den Islamisten an den Rand gedrängt wurden", sagte Nafaa.