Romney schaltet TV-Spots gegen Gingrich und gilt als aussichtsreichster Bewerber auf die Präsidenten-Kandidatur der Republikaner.

Washington. Im US-Bundesstaat Iowa werden an diesem Dienstag rund 120 000 Bürger darüber befinden, wer die Nominierung der Republikanischen Partei als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im November gewinnen soll. Nach jüngsten Umfragen führt überraschend deutlich Mitt Romney, 64, der frühere Gouverneur von Massachusetts, das Feld von sechs Bewerbern an, gefolgt von Ron Paul und Rick Santorum. Der konservative, ländliche Staat im Mittleren Westen repräsentiert weder demografisch noch in seinen politischen Neigungen nationale Durchschnittswerte in den USA. Die Tradition, nichts weiter, will es, dass der "Iowa Caucus" die Serie der Vorwahlen eröffnet, die am 10. Januar im kleinen Bundesstaat New Hampshire in Neuengland fortgesetzt wird.

Statistisch betrachtet ist die republikanisch registrierte Wählerschaft in Iowa weißer, älter, wohlhabender, frommer, konservativer als anderswo. Evangelikale Aktivisten spielen hier eine entscheidende Rolle. Kulturkampfthemen wie Abtreibung, Schwulen-Ehe, illegale Einwanderung prägen die Debatte. Vor vier Jahren entsprach die Zahl der Teilnehmer an den Bürgerwahlversammlungen eingeschriebener Republikaner 0,05 Prozent des amerikanischen Wahlvolks. Sieger in Iowa erlangen häufig nicht die Nominierung ihrer Partei. 2008 gewann dort der Prediger und ehemalige Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, der alsbald in der Versenkung verschwand. John McCain, der Sieger in New Hampshire und spätere Gegenkandidat Barack Obamas, war in Iowa nicht einmal angetreten.

Es wäre aussagekräftiger, begönnen die Vorwahlen mit großen Staaten wie Florida oder Arizona. Doch Iowa und New Hampshire wachen eifersüchtig über ihren Status als Erste unter Gleichen. Alle Versuche größerer Staaten, ihnen zuvorzukommen, endeten mit grotesken Wettbewerben, schon vor Weihnachten zu wählen. Niemand will den fast zwei Jahre währenden, Milliarden verschlingenden Wahlkampf verlängern. So tingeln also die Bewerber in Bussen durch Iowa, klingeln an Türen, sprechen vor ein paar Dutzend Zufallswählern in Schnellrestaurants.

Gerade das gilt als authentische, greifbare Nähe zum Bürger. Es heißt, die Leute in Iowa würden nie einen Kandidaten küren, den sie nicht im eigenen Wohnzimmer erlebt hätten.

Der Nachteil Iowas liegt auf der Hand: Kandidaten überbieten sich dort mit ihren religiösen Erweckungserlebnissen und der Verdammung einer "sündigen" Lebensweise, die an den Küsten der USA auch unter Konservativen normal ist. Und von denen sie, wenn sie siegen, abrücken müssen, um in den Mainstream zurückzukehren.

Mitt Romney, mit Abstand der reichste Kandidat und als Mormone den Evangelikalen verdächtig, rechnet sich in Iowa wenig Chancen aus. Dennoch überschwemmte er den Fernsehmarkt mit aggressiv-negativen Wahlspots, die vor allem auf Newt Gingrich zielten. Der einst mächtige Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus während der Clinton-Ära hatte im Dezember in Umfragen enorm zugelegt. Gingrich hatte den Spots, die ihn der Heuchelei bezichtigen, wenig mehr entgegenzusetzen als den Appell, die Republikaner sollten sich nicht untereinander bekriegen, sondern ihren Zorn auf Barack Obama richten.

Das klang nett und naiv aus dem Mund eines Mannes, der für seine giftigen Herabsetzungen von Parteikollegen berüchtigt ist. Zuletzt sank Gingrich in den Iowa-Umfragen immer tiefer. Ron Paul und Ex-Senator Rick Santorum, der sich als besonders bibelfest erwies, waren die Nutznießer. Beide haben keine Chance, die Nominierung ihrer Partei zu erstreiten. Romney könnte sich bei einem Sieg in New Hampshire früh die Nominierung sichern.

Den anderen Kandidaten geht nach einem schwachen Abschneiden das Geld aus. Es könnte sein, dass Ron Paul, um dessen junge, begeisterte Anhänger ihn die anderen beneiden, in Iowa seinen ersten Triumph feiert. Und vermutlich den letzten. Denn so anziehend auf manche Idealisten seine Botschaft eines isolationistischen Amerikas mit einer weitgehend entmachteten Bundesregierung sein mag, das Establishment der Republikaner wird Ron Paul nie mehr als die Rolle des Hofnarren zubilligen, die er seit Jahren im Kongress spielt. Zudem gibt es aus der Vergangenheit des 76 Jahre alten Texaners ungeklärte Vorwürfe, er habe rassistische und antisemitische Positionen vertreten oder zumindest geduldet.