Schlagabtausch der Republikaner: Ein Alt-Konservativer ist der Favorit. Doch die Mitbewerber kritisieren seine Wankelmütigkeit

Washington/Sioux City. Er sieht sich als den letzten Hoffnungsträger der Grand Old Party. Und deshalb griff Newt Gingrich zu einem werbeträchtigen Kniff. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber hat sich bei einem Schlagabtausch mit seinen Konkurrenten im US-Staat Iowa mit dem früheren Präsidenten Ronald Reagan verglichen. Reagan gilt bei den Konservativen als Ikone. Der frühere Schauspieler kam nach dem als schwach eingestuften Demokraten Jimmy Carter 1981 ins Amt, blieb zwei Wahlperioden, vertrat außenpolitisch einen harten Kurs und verfolgte wirtschaftspolitisch eine straffe Privatisierungswelle. Gingrich äußerte sich nun bei der Debatte mit sechs weiteren Bewerbern um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner zuversichtlich, den demokratischen Amtsinhaber Barack Obama bei den Wahlen im kommenden Jahr besiegen zu können.

Gingrichs derzeit stärkster Herausforderer Mitt Romney sagte, wegen seiner Erfahrung als Privatunternehmer sei er der Richtige, um in Debatten vor der Präsidentschaftswahl im Herbst gegen Obama anzutreten. Im Gegensatz zum derzeitigen Präsidenten werde er beim Thema Wirtschaft mit Glaubwürdigkeit punkten.

Weniger als drei Wochen vor Beginn der eigentlichen Vorwahlen geriet Gingrich dennoch stark ins Kreuzfeuer. Er ist der derzeit in den Umfragen führende Republikaner. Insgesamt bemühten sich die Kandidaten zwar um einen milden Ton. Niemand wollte in letzter Minute die Wähler in Iowa verprellen, wo am 3. Januar die erste Kandidatenkür stattfindet. Gingrich bezeichnete es als "lachhaft", von seinen Kontrahenten zunehmend als "unglaubwürdiger" Konservativer und unwählbarer Kandidat dargestellt zu werden. Er habe während seine drei Jahrzehnte in Washington konsequent konservative Politik gemacht. Während der Amtszeit von Präsident Bill Clinton habe er als Chef des Repräsentantenhauses sogar Schulden abgebaut und harte Sozialreformen durchgesetzt. Er ändere seine Positionen jedoch, wenn sich die Umstände und Fakten änderten.

Vor allem sein schärfster Widersacher, Mitt Romney, Ex-Gouverneur von Massachusetts, versuchte zuletzt in Interviews und TV-Werbespots, Gingrich als zu wankelmütig und zu weit links zu brandmarken. Bei der Debatte hielt er sich mit Angriffen merklich zurück.

Dafür schossen sich die anderen Bewerber wie die Kongressabgeordnete Michelle Bachmann auf den momentanen Favoriten Gingrich ein. Sie kritisierte ihn hart dafür, nicht klar gegen Abtreibung und illegale Einwanderung zu sein. Auch dass er vor einigen Jahren Honorarzahlungen des inzwischen verstaatlichten Immobilienfinanzierers Freddie Mac in Millionenhöhe erhalten habe, mache ihn aus Sicht der Konservativen unwählbar. Er habe Lobbyarbeit für ein öffentlich finanziertes Unternehmen gemacht, das Republikaner wegen Ineffizienz abschaffen müssten.

Der ehemalige Senator Rick Santorum sagte, Gingrich habe als Präsident des Repräsentantenhauses mit einer "konservativen Revolution" aus den Reihen der Republikaner zu kämpfen gehabt. Gingrich gab sein Amt später wegen ethischen Fehlverhaltens ab. Der Politiker war dreimal verheiratet und hat außereheliche Affären eingeräumt. In der Clinton-Ära galt Gingrich jedoch als schärfster Ankläger wegen der außerehelichen Affären des Präsidenten.

Die letzte von mehr als einem Dutzend TV-Debatten galt als besonders wichtig, da sich die republikanischen Wähler in Iowa nun allmählich entscheiden müssen, welchem Bewerber sie die Delegiertenstimmen ihres Staates bei einem Parteitag im Sommer geben wollen. Mehr als 1700 Parteiversammlungen in Kirchen, Schulen oder auch Privathäusern bestimmen am 3. Januar ihren Kandidaten. Das Resultat hat erfahrungsgemäß großen Einfluss auf das gesamte Vorwahlrennen. Das Feld dürfte sich nach Iowa deutlich ausdünnen. So wird erwartet, dass Kandidaten mit geringen Umfragewerten wie Bachmann, der einstige Senator Rick Santorum oder der Ex-Gouverneur von Utah, Jon Huntsman, aufgeben könnten. Zuletzt hatte sich der Unternehmer Herman Cain zurückgezogen. Er sah sich Vorwürfen sexueller Belästigung gegenüber. Außerdem patzte Cain in öffentlichen Debatten mit fehlendem politischen Wissen. Die verbliebenen republikanischen Bewerber werden sich am 7. Januar der nächsten TV-Debatte stellen.