Lebt der berüchtigte Anführer der brutalen Milizen noch? Eine US-Rakete soll Hakimullah Mehsud getötet haben.

Islamabad. Der Tod ihres Anführers Hakimullah Mehsud wäre ein schwerer Schlag für die pakistanischen Taliban – wenn auch nicht der Todesstoß für die Al-Qaida-Verbündeten. Doch noch geben Berichte, Mehsud sei an den Folgen eines US-Raketenangriffs gestorben, Rätsel auf. Die Taliban dementierten die Todesmeldung und stellten ein Lebenszeichen Mehsuds in Aussicht. Es gehe ihm gut, sagte ein Vertrauter.

Die pakistanischen Behörden erklärten, sie wollten den Angaben nachgehen, könnten sie jedoch nicht bestätigen. Das staatliche Fernsehen hatte gemeldet, Mehsud sei im Stammesgebiet Orakzai beerdigt worden. Der Bericht stützte sich offenbar auf Augenzeugen, die bei der Beisetzung dabei gewesen sein wollen.

US-Regierungskreise zeigten sich laut „New York Times“ und „Washington Post“ zu mehr als 90 Prozent sicher, dass Mehsud tot ist. Die amerikanische Website „The Long War Journal“, die die Raketenengriffe im Nordwesten Pakistans verfolgt, zitierte dagegen US-Geheimdienstler mit den Worten, es gebe keinen Hinweis darauf, dass er getötet worden sei.

Falls der Bericht zutrifft, wäre das der zweite größere Schlag gegen die pakistanischen Taliban binnen eines halben Jahres. Im August erst war ihr Führer Baitullah Mehsud von einer US-Rakete getötet worden. Im Oktober hatten die pakistanischen Streitkräfte eine Großoffensive in der Taliban-Hochburg Süd-Waziristan eingeleitet und die Region zurückerobert, ohne aber viele Führungsfiguren der Islamisten zu treffen.

Hakimullah Mehsuds Tod – so es denn stimmt – könnte Unruhe in die Reihen der Taliban bringen, die dann einen Nachfolger bestimmen müssten, vermutet der Experte Mohammed Amir Rana vom Pakistanischen Institut für Friedensstudien. „Ich glaube, es würde die Terrorgefahr eine Weile vermindern, bis sie sich neu organisiert haben.“

Als wahrscheinlichste Nachfolger gelten die Kommandeure Waliur Rehman, früher Befehlshaber in Süd-Waziristan, und Qari Hussein, der führende Ausbilder für Selbstmordattentäter. Ihren öffentlichen Äußerungen zufolge stehen beide Mehsud an Feindschaft der pakistanische Regierung und den USA gegenüber nicht nach. „Selbst wenn Hakimullah Mehsud tot ist ... ist die Gewalt noch nicht so bald am Ende; vielmehr wird sich das Land auf Vergeltungsschläge gefasst nachen“, kommentierte eine Tageszeitung. „Doch sollte auch der schwere Schaden für die pakistanischen Taliban nicht unterschätzt werden.“

Die pakistanischen Taliban sind eng mit den Taliban jenseits der Grenze in Afghanistan verbunden und können auf die Unterstützung von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden zählen, der sich im Nordwesten Pakistans verborgen halten soll. Welche Bedeutung Hakimullah Mehsud für die USA hat, zeigte sich vergangenen Monat, als er in einem Video neben dem Jordanier zu sehen war, der auf einem CIA-Stützpunkt in Afghanistan sieben Mitarbeiter des Geheimdiensts in den Tod riss. Der Selbstmordattentäter bezeichnete den Anschlag als Vergeltung für den Tod Baitullah Mehsuds.

Ereignisse in den Stammesgebieten zu verifizieren, ist sehr schwierig. Hakimullah Mehsud wurde schon mindestens zweimal totgesagt, etwa während eines angeblichen Machtkampfs um die Taliban-Führung. Pakistanischen Geheimdienstkreisen zufolge war er das Ziel eines US-Drohnenangriffs auf ein Treffen von Taliban-Kommandeuren am 14. Januar in Süd-Waziristan. Gerüchten, dass er verwundet oder getötet wurde, trat er kurz danach in einer Videoaufnahme entgegen. Seine Stimme klang kräftig. (AP)