Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat nach seiner schweren Niederlage im Parlament neue Kandidaten für sein Kabinett vorgestellt.

Kabul. Im Streit über die künftige Regierungsmannschaft in Afghanistan hat Präsident Hamid Karsai dem Parlament eine überarbeitete Kabinettsliste überreicht. Unter den 16 neuen Kandidaten befindet sich unter anderem Karsais Sicherheitsberater Salmai Rasul, der das Amt des Außenministers übernehmen soll. Nach der Verlesung der Liste ermahnte Vize-Präsident Karim Chalili die Abgeordneten, sie sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und gut überlegen, bevor sie erneut gegen einen oder mehrere der Kandidaten stimmten. Die Parlamentarier signalisierten allerdings nur teilweise Zustimmung.

Das Parlament hatte die erste Ministerriege am vergangenen Wochenende größtenteils abgelehnt und dem Präsidenten damit eine herbe Niederlage zugefügt. Von den damals 24 vorgeschlagenen Kandidaten kamen die meisten nicht durch. Das Parlament verweigerte seine Zustimmung unter anderem dem früheren anti-sowjetischen Guerillakommandeur Ismail Chan. Auch Husn Bano Ghasanfar, die als die einzige Frau im Kabinett das Familienministerium leiten sollte, wurde abgelehnt. Zudem standen ursprünglich drei Vertraute des wegen Menschenrechtsverletzungen umstrittenen Kriegsfürsten Abdul Raschid Dostum auf der Kabinettsliste.

Unter den nun vorgeschlagenen Kandidaten ist entgegen früheren Überlegungen des Präsidenten keiner der Abgelehnten. Allerdings blieben zwei Ministerposten - Kommunikation sowie Wasser und Energie - zunächst unbesetzt. Die ansonsten komplett ausgetauschte Liste, auf der nun auch drei Frauen stehen, dürfte dem Parlament die Zustimmung erleichtern. Die Anhörungen der Kandidaten wird voraussichtlich bis Donnerstag dauern.

„Ich denke, das Ergebnis der Abstimmung wird so aussehen, dass einige das Vertrauen ausgesprochen bekommen und andere nicht“, sagte der Abgeordnete Dawud Sultansoi, der zu den Anführern der jüngsten Revolte gegen Karsai gehört hatte. Die Liste enthalte „einige qualifizierte und einige nicht so kompetente Leute“. Der Parlamentarier Said Dawud Haschimi äußerte sich kritischer: „Es sieht so aus, als ob Karsai seine Kandidaten von der Straße aufgelesen habe.“ Von den 16 neuen Vorschlägen würden höchstens fünf Minister angenommen.

Bittere Enttäuschung äußerte das Dostum-Lager, das nun voraussichtlich keinen direkten Vertreter mehr im Kabinett haben wird. „Karsai hat uns betrogen“, sagte Salim Sahi von Dostums Dschumbesch-Partei. „Wir haben 700.000 Stimmen für ihn gesammelt und dafür hat er uns mehrere Ministerposten versprochen.“

Der Beginn von Karsais zweiter Amtszeit war von Vorwürfen des Wahlbetrugs und Unregelmäßigkeiten überschattet. USA, Nato und Europäische Union verlangen von dem Präsidenten,entschlossener gegen Korruption und Vetternwirtschaft vorzugehen und betrachten dies als Voraussetzung für einen Erfolg ihres zunehmend gefährlicheren Militäreinsatzes am Hindukusch. Diese Position dürften die USA und ihre Verbündeten wie Deutschland auch auf der Afghanistan-Konferenz noch einmal deutlich machen, die am 21. Januar in London stattfinden soll.