Kabul/Berlin. Das afghanische Parlament hat dem von Präsident Hamid Karsai vorgeschlagenen Kabinett einen Fehlstart bereitet. Die Abgeordneten lehnten mehr als zwei Drittel der von Karsai vorgeschlagenen Minister ab. Der Präsident muss nun nach neuen Spitzenposten suchen. Das Parlament verweigerte seine Zustimmung unter anderem dem früheren anti-sowjetischen Guerillakommandeur Ismail Chan. Auch Husn Bano Ghasanfar, die als die einzige Frau im Kabinett das Familienministerium leiten sollte, wurde abgelehnt. Der Uno-Sondergesandte für Afghanistan, Karl Eide, sprach von einem politischen Rückschlag für das Land. Es sei besorgniserregend, dass es in Afghanistan weiterhin keine funktionierende Regierung gebe.

Angesichts der desolaten politischen Lage und des wachsenden Widerstands gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr will Berlin möglichst rasch erste Weichen für den langfristigen Abzug stellen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gab am Wochenende als Ziel aus, den Afghanen schon 2010 mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit zu übertragen. Allerdings könnte die Zahl der deutschen Soldaten am Hindukusch zunächst einmal aufgestockt werden.

Derzeit sind dort bis zu 4500 Soldaten stationiert. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der "Bild am Sonntag", ihm sei bewusst, dass das Konzept von US-Präsident Barack Obama bedeute, "dass wir rund 2000 zusätzliche Soldaten schicken müssen". Voraussetzung sei aber ein "klares integriertes Konzept der militärischen, zivilen und gesellschaftlichen Ebene". Hintergrund der Debatte ist die Afghanistan-Konferenz in London am 28. Januar.

In den vergangenen Tagen hatte vor allem die Evangelische Kirche den Militäreinsatz scharf kritisiert. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat Kritik an ihren Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zurückgewiesen. "Wer meine Neujahrspredigt liest, sieht glasklar, dass dort kein sofortiger Abzug deutscher Streitkräfte aus Afghanistan gefordert wurde", sagte die Landesbischöfin. Sie fügte hinzu: "Vielmehr treibt uns in der evangelischen Kirche gemeinsam die Sorge um, dass die Militarisierung durch Truppenverstärkung voranschreitet, ohne dass die zivilen und politischen Friedensoptionen klar gestärkt werden."