Weitere Leichen wurden entdeckt - darunter Anwälte und Journalisten. Festnahmen gibt es jedoch noch nicht. Der Druck auf die Politik wächst.

Manila. Bei einem beispiellosen Massaker an Zivilisten im Süden der Philippinen sind noch mehr Menschen ermordet worden als zunächst angenommen. Die Armee fand am Mittwoch zehn weitere Leichen in der Provinz Maguindanao rund 930 Kilometer südlich von Manila. Damit liegt die Opferzahl des brutalen Überfalls vom Montag jetzt bei 57. Unter den Toten sind mehr als zwei Dutzend Journalisten. Die Regierung kam unterdessen unter Druck, weil trotz deutlicher Hinweise auf die Drahtzieher des Blutbads noch niemand festgenommen wurde. Die Verdächtigen gehören zu einem einflussreichen Familienclan, der eng mit Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo verbündet ist.

Die Präsidentin versprach: „Die volle Macht des Gesetzes wird gegen die angewendet, die für das Verbrechen verantwortlich sind.“ „Die Rechtsstaatlichkeit muss aber erhalten bleiben und alle müssen vor dem Gesetz gleich und fair behandelt werden“. Sie erklärte den Donnerstag zum nationalen Trauertag.Am Dienstag hatte sie den Ausnahmezustand in der Provinz verhängt, umRacheakte zu unterbinden. Der Sprecher der nationalen Polizei bestätigte, dass der Ampatuan-Clan im Visier der Ermittler steht. „Wir prüfen Berichte, dass die Ampatuans an den Morden beteiligt waren“, sagte er. Ermittelt werde auch gegen Polizisten und Milizionäre. Auf Bitten der Ampatuans, die zahlreiche hohe Ämter in der Region bekleiden, waren im vergangenen Jahr zwei Miliz-Truppen gegründet worden, die dem Militär beim Kampf gegen muslimische Separatisten zur Seite stehen sollten.

Der Ampatuan-Clan hat in der Provinz eine Art Machtmonopol. Ein Angehöriger der ebenfalls mächtigen Mangadadatu-Familie wollte das brechen und sich um das Amt des Gouverneurs bewerben, das zur Zeit in Ampatuan-Händen ist. Als Angehörige und Sympathisanten der Mangadadatus die Papiere für die Kandidatur am Montag offiziell einreichen wollten, überfielen mehr als 100 Bewaffnete den Auto-Konvoi und verschleppten die Insassen. Sie wurden alle mit Schüssen aus nächster Nähe ermordet. Weil diese Herausforderung der Ampatuans politisch so brisant war, waren viele Journalisten und Anwälte in dem Konvoi. Die Mangadadatus hatten nach eigenen Angaben Todesdrohungen der Ampatuans erhalten.Sie schickten deshalb nur Frauen zur Abgabe der Papiere - in dem irrigen Glauben, dass sie unbehelligt bleiben würden. Die Frau des Kandidaten Esmael Mangadadatu sowie zwei seiner Schwestern sind unter den Toten.

Mangudadatu kritisierte die in seinen Augen schleppenden Ermittlungen. „Ich bin frustriert“, sagte er. „Wenn die Verdächtigen einfache Bürger wären, wären sie längst festgenommen worden. Aber wenn es sich um einen dicken Fisch handelt, geht das plötzlich nicht. Hat die Regierung Angst?“.Die Vorsitzende der Menschenrechtskommission kritisierte die Ermittlungen ebenfalls. „Andere Verdächtige werden sofort festgenommen, wenn es Anhaltspunkte (für die Verwicklung in eine Straftat) gibt“, sagte Leila De Lima. „Die Polizei könnte die Ampatuans zumindest vorladen, damit sie ihre Rolle in der Angelegenheit erklären.“