Bleibt in den Beziehungen zu den USA alles beim Alten? Wohl kaum, denn die Amerikaner fragen schon nach dem künftigen Außenminister Guido Westerwelle und dem Guidomobil.

Washington. Ist irgendwas passiert in Germany? In den Hauptnachrichten des US-Fernsehsenders ABC kam die Wahl in Deutschland gar nicht vor, auch beim Konkurrenten CBS blieb sie unerwähnt, große Zeitungen versteckten sie auf den hinteren Seiten. In dem geringen Interesse in den USA spiegelt sich wohl auch die Gewissheit wider, dass im transatlantischen Verhältnis kein radikaler Bruch bevorsteht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in den USA wohlgelitten. Mit einem Koalitionspartner Guido Westerwelle (FDP), so die Erwartung, dürfte Berlin noch etwas näher an die USA rücken. Der Deutschland-Experte Steven Szabo, Direktor der Transatlantic Academy in Washington, erwartet vor allem Auswirkungen auf atmosphärischer Ebene: „Die transatlantische Stimmung wird besser werden“, sagt er. „Es wird aber keine dramatischen Änderungen geben, nur eine moderate Besserung.“

Ein Pluspunkt für die USA sei, dass die Bundeswehr bis auf weiteres in Afghanistan bleiben werde. Begrüßenswert sei aus Washingtoner Sicht auch die mögliche Zuwendung zur Atomenergie. Dies verringere Deutschlands Abhängigkeit von russischer Energie und mache das Land so weniger erpressbar, sagt Szabo.

Bleibt ansonsten alles gleich? Eine hochkarätige Expertenrunde suchte am Tag nach der Wahl im National Press Club in Washington auf Einladung der Bertelsmann-Stiftung nach einer Antwort auf diese Frage. „Ich sehe keine größeren Änderungen in der Außenpolitik, allenfalls Nuancen“, sagte der frühere deutsche Botschafter in den USA, Wolfgang Ischinger.

Auch der Harvard-Professor und frühere US-Vizeaußenminister Nicholas Burns erwartet Kontinuität. „Die meisten Amerikaner sehen das Wahlergebnis als sehr positiv für die transatlantischen Beziehungen, Merkel genießt hier großen Respekt.“ In den Bereichen, für die Deutschland für die USA von Interesse ist, dürfte sich auch unter einer schwarz-gelben Koalition in Berlin wenig ändern – das ist die vorherrschende Meinung in Washington.

Der frühere Diplomat Burns sieht allerdings einige Belastungsproben auf das bilaterale Verhältnis zukommen: Was Afghanistan angeht, seien die USA „sehr enttäuscht“, dass die Bundeswehr die Kampfeinsätze im Süden meidet. Und falls sich der Atomstreit mit dem Iran weiter zuspitze, werde Deutschland nicht um härtere Sanktionen herumkommen, die den Geschäftsbeziehungen zum Iran schaden werden: „Hier wird Deutschland harte Entscheidungen treffen müssen“, prophezeit Burns.

Dass Obamas Regierung der Wahlsieg Merkels ganz gelegen kam, wurde bereits im Juni beim Kanzlerinnen-Besuch in Washington durch ein Missgeschick deutlich. Ohne zu wissen, dass Mikrofone seine Worte aufnahmen, sagte der Präsident damals zu Merkel: „Sie haben ja schon gewonnen. Ich weiß nicht, worüber Sie sich Sorgen machen.“

Mit Neugier, aber wenig Kenntnis treten die USA derweil dem möglichen neuen Außenminister Westerwelle entgegen. Ex-Botschafter Ischinger beschrieb den FDP-Chef vor dem Washingtoner Publikum als Politiker in der Tradition von Hans-Dietrich Genscher, der „großes Engagement für die transatlantische Partnerschaft“ zeige. Beobachter wie Professor Szabo von der Transatlantic Academy räumen ein, noch keine Meinung über Westerwelle zu haben. „Hier in Washington ist er überhaupt nicht bekannt“, sagt Szabo. Er hoffe, dass der FDP-Mann „frischen Wind“ in die Diplomatie bringt. „Westerwelle kann ja ganz amüsant sein“, sagt Szabo. „Gibt es eigentlich noch das Guidomobil?“