Atom-Streit: Angriffs-Szenario des Präsidenten. Teheran hat 29 westliche Ziele im Visier. Nuklearprogramm viel weiter als gedacht?

Washington/Teheran. Der Atomstreit mit dem Iran steuert auf eine gefährliche Eskalation zu. Satellitenbilder beweisen, daß der Iran seine Atomanlagen weiter ausgebaut und den Schutz gegen Militäraktionen erhöht hat. Gleichzeitig droht Teheran für den Fall eines Angriffs mit dem Einsatz von 40 000 "ausgebildeten" Selbstmordattentätern. Papst Benedikt XVI. rief in seiner Osterbotschaft zu einer "für alle ehrenvollen Schlichtung" des Konflikts auf.

Die Selbstmordkommandos haben nach Angaben eines leitenden Strategen der iranischen Revolutionsgarden, Hassan Abbassi, insgesamt 29 westliche Ziele im Visier. "Wir sind bereit, sensible Punkte der Amerikaner und Briten anzugreifen, wenn sie die Atomanlagen Irans angreifen", zitierte die britische "Sunday Times" aus einer Rede Abassis. Die potentiellen Attentäter seien in einer Anwerbestation in Teheran gefragt worden, ob sie bevorzugt amerikanische oder israelische Ziele angreifen wollten.

Aus westliche Geheimdiensten hieß es, die Revolutionäre Garde leite ein geheimes Atomwaffenprogramm, das sich der Aufsicht der Atomenergiebehörde entziehe. Diesen Verdacht untermauerten kommerzielle Satellitenaufnahmen. Danach wurden die iranischen Anlagen in Natans und die Uranumwandlungsanlage Isfahan ausgebaut. Ein neuer Tunneleingang in Isfahan "deutet auf eine neue unterirdische Anlage" hin, so das Institut für Wissenschaft und Internationale Sicherheit.

Alarmiert zeigen sich US-Geheimdienstler nach Berichten, daß das iranische Atomprogramm wesentlich weiter vorangeschritten sei als bislang angenommen. Nach Angaben der "New York Times" hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad eingeräumt, daß der Iran an einer hochentwickelten Technologie arbeite, die die Urananreicherung vervierfache. Bislang seien Experten davon ausgegangen, daß der Iran kaum vor 2010 oder 2015 eine Atombombe bauen könne. Diese Zeitspanne müßte möglicherweise revidiert werden.

Angesichts der Zuspitzung des Konflikts sprachen sich mehrere US-Senatoren, darunter der einflußreiche republikanische Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses, Richard Lugar, für direkte Verhandlungen der USA mit dem Iran aus. Der Ex-Geheimdienstexperte des US-Militärs, William Arkin, teilte mit, die konkreten Kriegsplanungen liefen schon seit 2002.

Am Sonntag hatte Teheran außerdem angekündigt, der palästinensischen Autonomiebehörde unter Führung der radikal-islamischen Hamas-Bewegung mit 50 Millionen Dollar zu helfen. Die USA und die EU hatten der Hamas weitere finanzielle Unterstützung gestrichen.

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