Schreckensbilder aus dem Irak heizen den Hass an

Washington. Der Vater des ermordeten Nick Berg versuchte, der grauenvollen Enthauptung seines Sohnes vor laufender Kamera noch etwas Tröstliches abzugewinnen: "Besser, als wenn er eines langen Foltertods gestorben wäre", sagte der sichtlich aufgewühlte Michael Berg in dem kleinen Ort West Chester nahe Philadelphia (US-Bundesstaat Pennsylvania) in die Mikrofone der Reporter.

Das etwas unscharfe Video über die makabre Ermordung des amerikanischen Antennenexperten fügte sich ein in die Bilderflut der Gewalt, die derzeit die US-Bürger aufschreckt. Seit zwei Wochen stellen immer neue Fotos gedemütigter und gefolterter Gefangener das amerikanische Selbstverständnis in Frage, dem zufolge die USA auch moralisch die Welt führen soll.

"Unsere Soldaten werden den Preis zahlen für die schockierenden Bilder aus Abu Ghraib", hatte die Zeitung "USA Today" führende US-Offiziere zitiert. Der Film über den Mord bestätigte nun die schlimmsten Befürchtungen über die drohende Spirale der Barbarei.

Weltweit kann sich jedermann die Bilder abrufen, auf denen zu sehen ist, wie einem ganz in Orange gekleideten, abgemagerten Nick Berg mit einem großen Messer der Kopf abgeschlagen wird. Der vermummte Islamist kündigte auf dem Video weitere Massaker an Amerikanern an.

"Es ist eine besonders grausame Art zu demonstrieren, dass die Terroristen alle Amerikaner töten werden, derer sie habhaft werden können", betonte der Direktor des Nahost-Instituts der Universität Vermont, Gregory Gause.

Während die Bilder aus dem Gefängnis Abu Ghraib den Hass auf Amerika in der arabischen Welt schüren, fürchten US-Militärs nun, dass das Video der Enthauptung neue Aggressionen gegen irakische Gefangene provozieren könnte.

"Amerika-Hasser, die entsetzt sind über die Folterbilder, betrachten die Hinrichtung als angemessene Vergeltung ( . . .), und viele Amerikaner werden sagen, dass die Gefängnisbilder bei weitem nicht so schrecklich sind wie die blutige Enthauptung", meint der Medienwissenschaftler Tom Rosenstiel in "USA Today". Der republikanische Senator James Inhofe hatte zuvor erklärt, er sei "empört über die Empörung" (in den USA über die Folterbilder). Bei den misshandelten Gefangenen handele es sich "schließlich nicht um Verkehrssünder ( . . .), sondern um Terroristen und Mörder, an deren Händen oft amerikanisches Blut klebt".

Nick Berg war nach der Ermordung des "Wallstreet Journal"-Journalisten Daniel Perl im Februar 2002 in Pakistan der zweite Amerikaner, der von Islamisten vor laufender Kamera getötet wurde. (dpa)