Teheran dürfte bei Zugeständnissen wieder Öl verkaufen. Militärischer Angriff bleibt Option. Deutsche halten Israelis für aggressiv.

Bagdad. Dutzende Kontrollpunkte, Panzerwagen, Spürhunde: In der schwer bewachten Internationalen Zone der irakischen Hauptstadt Bagdad suchen Diplomaten der Weltmächte und Unterhändler aus Teheran nach einer friedlichen Lösung des Atomstreits mit dem Iran. Nach einem positiven Start in Istanbul, bei dem sich beide Seiten vor gut fünf Wochen ernsthafter Gesprächsbereitschaft versicherten, kommen nun Vorschläge auf den Tisch. Europäische Diplomaten haben klargemacht, dass sich der Iran jetzt bewegen müsse.

In einem Gästehaus der irakischen Regierung treffen die Vertreter der 5+1-Gruppe (die fünf Uno-Vetomächte China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA - sowie Deutschland) mit den Iranern zusammen. "Wir haben einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt", sagt Michael Mann, der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. "Wir hoffen, dass die Iraner darauf in einer guten Art und Weise reagieren."

In Bagdad müsse es um konkrete Schritte der Iraner gehen, erklärte ein EU-Diplomat. "Der Ball ist jetzt in ihrem Spielfeld. Sie müssen den ersten Schritt machen", sagte er. Kooperation bei Kontrollen des Atomprogramms sei wichtig, aber nicht ausreichend. "Die Frage der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent muss als eine Priorität angegangen werden." Eine Anreicherung auf 20 Prozent reicht nicht für Atomwaffen, dafür wären mehr als 80 Prozent nötig. Aber höher angereichertes Uran ist schon ein größerer Schritt in diese Richtung. Der Iran hat mehrmals angedeutet, dass das Land auf eine höhere Anreicherung verzichten könne, falls das 20-prozentige Uran oder Brennstäbe für einen medizinischen Reaktor aus dem Ausland geliefert werden könnten.

+++ Atomunterhändler erhöhen Druck - Neuer Lösungsvorschlag +++

Nach Schätzungen internationaler Experten könnte der Iran inzwischen über 150 Kilogramm des höher angereicherten Urans verfügen. Vor einem Stopp dieser Anreicherung könne die vom Iran geforderte Aufhebung von Sanktionen nicht auf den Tisch kommen. Zugleich wollen die internationalen Unterhändler den Stillstand aber mit einer Schritt-für-Schritt-Strategie überwinden. Womöglich könnten dem Iran im Gegenzug für weitergehende Kontrollen des Atomprogramms Lieferungen dringend benötigter Güter in Aussicht gestellt werden, heißt es am Rande der Verhandlungen. Es ist aber unklar, ob sich Teheran darauf einlässt. Mindestforderung der Iraner sei, dass Teheran sein Öl verkaufen könne, damit es ein Einkommen habe, verlautete aus der iranischen Delegation. Daher müssten die Öl-Sanktionen aufgehoben, dann die internationalen Bankverbindungen wieder vernünftig hergestellt werden. Der Iran wolle zudem ein klares Bekenntnis dazu, dass das Land ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm hat. Dann könne auch über einen Tausch von Uran gegen Brennstäbe aus dem Ausland gesprochen werden. Diese sind für ein Atomwaffenprogramm nicht geeignet.

Allerdings haben die Unterhändler nicht unbegrenzt Zeit. Die nötigen Planungen für die Option eines Militärschlages gegen den Iran seien gemacht, sagte der US-Botschafter in Israel, Dan Shapiro, in der vergangenen Woche. Diplomaten hoffen, dass sich die Führung in Teheran auf einen gesichtswahrenden Ausweg aus der drohenden Konfrontation einlässt. Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi sagte in Teheran: "Wir hoffen auf gute Nachrichten aus Bagdad, aber wir lassen uns nicht unter Druck setzen oder einschüchtern."

Trotz der Annäherung zwischen dem Iran und der Internationalen Atomenergiebehörde behält sich Israel weiter die Option eines Militärangriffs vor. Die vorläufige Einwilligung Teherans, Uno-Inspektoren Zugang zu seinen Atomanlagen zu erlauben, schließe die Möglichkeit eines israelischen Militärschlags nicht aus, sagte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak. Er betrachte die Vereinbarung mit Skepsis. Es handele sich dabei um einen Trick des Irans, den internationalen Druck wegen seiner Atombemühungen abzuwehren. Ein "atomarer Iran ist untragbar und es sollten keine Optionen vom Tisch genommen werden", sagte Barak im Militärradio.

Unterdessen ist die Haltung der Deutschen zu Israel deutlich kritischer geworden. In einer Forsa-Umfrage für den "Stern" vor der Israel-Reise von Bundespräsident Joachim Gauck (28. Mai) beurteilen 59 Prozent der Deutschen das Land als "aggressiv", 2009 waren es noch 49 Prozent. 70 Prozent der Bürger sind der Ansicht, Israel verfolge seine Interessen ohne Rücksicht auf andere Völker. Nur noch 36 Prozent finden Israel "sympathisch". Unverändert 13 Prozent sprechen dem jüdischen Staat gar das Existenzrecht ab.